Soeben erfahre ich, dass die frühere Ltd. BDir Dr. Margarete Rehm nach
sehr langem Leiden, das sie mit großer Tapferkeit trug, am 8.11.2012
starb. Es war charakteristisch für ihre Bescheidenheit, dass sie mich
fast dazu überreden wollte, in meinem autobiografischen Buch „Zwischen
Informationsflut und Wissenswachstum. Bibliotheken als Bildungs- und
Machtfaktor der modernen Gesellschaft“, dass ich vor Erscheinen ihr zum
Lesen gab, das Kapitel „Ltd. BDir. Dr. Margarete Rehm“ wegzulassen.
Obwohl es deutlich zeigen sollte, und wie ich hoffe auch zeigt, wie
wichtig ihre Rolle bei der Onlinerevolution im deutschen
Bibliothekswesen war. Als eine der wenigen damaligen leitenden
Bibliotheksdirektorinnen (wenn nicht sogar der ersten in einer deutschen
UB) besaß sie den Mut, entgegen allen Kollegeneinwänden der damaligen
Zeit, die erste Online Literaturdokumentation in Deutschland, in der
Universitätsbibliothek Ulm 1975/76 durchzusetzen. Sie selbst war sich
darüber bewusst, dass sie ihrem Vorgänger im Amt Dr. Richard Polacsek
dazu viel zu verdanken hatte, was sie in ihrem Nachruf auch deutlich
machte ( http://www.ib.hu-berlin.de/~wumsta/polacsek.html ). Aber ihrer
perfekten, konsequenten und ausdauernden Art war es zu verdanken, dass
dieser Wurf auch gelang. So entsinne ich mich dass Dr. Polacsek bei
einem Besuch aus den USA in ihrem Hause dies zum Ausdruck brachte. Das
deutsche Bibliothekswesen hat ihr weit mehr zu verdanken, als viele
wissen, und die heutige Generation wissen kann. Es sind bekanntlich
nicht immer nur die, die treibenden Kräfte einer Entwicklung, die man
sieht bzw. die im Rampenlicht stehen. So war Dr. Margarete Rehm eher
eine bescheidene Frau, die im stillen arbeitete und gestaltete, wenn sie
beispielsweise schon vor knapp einem halben Jahrhundert die
Klassifikation der National Library of Medicine und die der Library of
Congress in der UB Ulm einsetzte. Sie nutzte auch schon Standing Order,
das eigentlich eher ein Approval Plan war, und über dessen Vorteile sie
1977 berichtet hatte. Als sie aus gesundheitlichen Gründen 1987
vorzeitig in den Ruhestand versetz wurde, hat sie, solange es ihr
möglich war noch Bücher geschrieben, wobei ihr auch die akribische
Mammutarbeit des "Lexikon Buch, Bibliothek, Neue Medien" und
"Information und Kommunikation in Geschichte und Gegenwart" gelang. Da
sie für letzteres keinen Verlag fand, wird dieses heute noch immer im
Internet recht rege genutzt (
http://www.ib.hu-berlin.de/~wumsta/rehm.html ). Trotz langer schwerer
Krankheit erreichte sie das 79 Lebensjahr (12.4.1933 - 8.11.2012), wobei
sie fünfzehn Jahre mit großer Geduld ihr Leiden trug.
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http://www.inetbib.de