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Re: [InetBib] Inetbib Nachrichtensammlung, Band 2328, Eintrag 1
- Date: Tue, 06 Nov 2012 10:18:20 +0100
- From: daiberf <daiberf@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Inetbib Nachrichtensammlung, Band 2328, Eintrag 1
Am 26.10.2012 06:00, schrieb inetbib-request@xxxxxxxxxxxxxxxxxx:
Message: 2 Date: Thu, 25 Oct 2012 13:38:59 +0200 From: Martin Lee
<m.lee@xxxxxxxxxxxx> Subject: [InetBib] E-Books und Buchpreisbindung
To: Internet in Bibliotheken <inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx> Message-ID:
<508924D3.5060007@xxxxxxxxxxxx> Content-Type: text/plain;
charset=ISO-8859-15; format=flowed Liebe Liste, was ich noch nicht
verstanden habe und was vielleicht mir jemand hier beantworten kann:
Immer heisst es auf den Seiten der Anbieter (amazon, ciando, buch.de,
etc..), dass man E-Books kauft. Allerdings sind diese so gut wie immer
mit DRM versehen, und damit können die E-Books i.d.R. nicht verliehen,
getauscht oder weiterverkauft werden. Offensichtlich kann der Anbieter
auch ohne Angabe der Gründe den Zugang zu den gekauften E-Books
verwehren (vgl.
http://www.bekkelund.net/2012/10/22/outlawed-by-amazon-drm/). Sprich
ich bin kein Eigentümer der von mir erworbenen E-Books. Meinem
Verständnis nach handelt es sich hier also nicht um einen Kauf von
E-Books, sondern um eine eingeschränkte Lizensierung, oder nicht? Bzw.
"auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen":
Hallo Herr Lee,
schön, dass Sie - so hoffe ich - eine Diskussion bzgl. E-Books anstoßen!
Meiner Erfahrung und meines Wissens nach - und ich habe in den letzten
Monaten viele Verträge bzgl. des "Erwerbs" von E-Books studiert -,
bekommen Sie beim "Erwerb" von E-Books auf gut Schwäbisch "ein Nasenwasser".
Bei eigentlich so gut wie allen Verlagen, deren Verträge ich gelesen
habe, gibt es die ungefähr lautende Formulierung: " ...erwirbt der
Lizenznehmer die nicht ausschließlichen, zeitlich uneingeschränkten
__Nutzungsrechte...". Das bedeutet für mich als nicht Jurist, ich
bekomme die Datei/en des/der E-Books nicht, wie bei einem Kauf üblich,
in mein Eigentum. Und somit darf ich damit nicht machen, was ich
eigentlich mit meinem Eigentum darf. Ich bin lediglich Besitzer, der das
Recht auf "unendliche" Nutzung hat (ähnlich einem Mieter mit
unbefristeten Mietvertrag).
Wenn ich Glück und einen gnädigen Verlag als Anbieter habe, muss ich für
die Verfügbarkeit im Netz aller Netze auf einer Plattform des Verlages
oder eines Anbieters in dessen Auftrag, dem Hosting, während der
Vertragslaufzeit nichts zahlen. Und wenn ich noch mehr Glück habe,
bekomme ich bei Beendigung - manchmal schon während der Vertragslaufzeit
- alle Dateien in einem verwertbaren Format zur eigenen Sicherung der
Verfügbarkeit (Langzeitarchivierung) oder ich bekomme das Recht, bei
einem Anbieter für Langzeitarchivierung (z.B. Portico) bis in alle
Ewigkeit auf meine "erworbenen" E-Books zugreifen zu dürfen. Das kann
dann schon auch kosten, die Dateien zu bekommen und/oder bei einem
Langzeitarchivierungsanbieter darauf zugreifen zu dürfen.
Hierbei kann es sich wohl kaum um Eigentum handeln, was ich mit dem
"Erwerb" eines E-Books bekomme. Für viel Geld, wohlgemerkt! Aber es gibt
- Gott sei Dank - immer noch die gedruckten Bücher, die ich tatsächlich
in mein Eigentum durch Kauf bekomme und deren Nutzungsbedingungen bzw.
-rechte nicht in einem privatrechtlichen Vertrag festgelegt sind,
sondern in einem Gesetz.
Auf meinen Vorschlag hin, hat übrigens jüngst der Cuvillier Verlag in
Göttingen in überarbeiteten Lizenzbedingungen klar formuliert:" Es wird
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Lizenznehmer kein Eigentum an
dem jeweiligen Werk erwirbt"./_**_/Finde ich gut: in aller Deutlichkeit
wird das benannt, was Sache ist!
>Seit dem 1. Januar 2012 gilt in Frankreich und Luxemburg ein ermäßigter
>Mehrwertsteuersatz für E-Books, was nicht mit den geltenden Bestimmungen
>der Mehrwertsteuer-Richtlinie vereinbar ist. Gemäß dieser Richtlinie
>sind E-Books auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen, die
>nicht zum ermäßigten Satz besteuert werden können.
(http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-12-794_de.htm)
Kann/darf dann die Buchpreisbindung in Deutschland für E-Books gelten,
wenn gar keine Bücher verkauft werden? Im Gesetz zur Buchpreisbindung
findet sich bekanntermaßen der Passus "Produkte, die Bücher, Musiknoten
oder kartographische Produkte reproduzieren oder substituieren." Darauf
bezieht sich der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der feststellt,
dass E-Books der Buchpreisbindung unterliegen
(http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/976/Preisbindung_von_E-Books_Stellungnahme_des_Vorstands.pdf).
Aber gilt dies auch, wenn es sich in keiner Weise um eine Übertragung
von Eigentum handelt? Wenn ich das richtig sehe, wurde die Sichtweise
des Börsenvereins noch nicht von einem Gericht, einem Gesetz oder einer
Verordnung untermauert, oder?
Sie schreiben hier etwas aus, was ich mir auch schon gedacht habe.
Meinem Verständnis nach darf die Buchpreisbindung nicht auf "eine auf
elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung" gelten. Und
selbstverständlich sollte ein E-Book nicht mit ermäßigter Mwst.
ausgezeichnet werden - überall in Europa.
Eigentlich müsste der Verband, der die Interessen der Bibliotheken
vertritt, den fragwürdigen Sachverhalt der Buchpreisbindung bei E-Books
gerichtlich klären lassen. Wer denn sonst?
Das entbindet - meiner Ansicht nach - die Bibliotheken nicht von ihrer
Verantwortung, im Interesse einer nachhaltigen und werthaltigen
Informationsbasis vielleicht doch eher als bislang geschehen, den
"Erwerb" von E-Books kritisch abzuwägen und dem gedruckten Buch unter
dem Aspekt der Übertragung von Eigentum wieder mehr Aufmerksamkeit zu
schenken.
Zusatzfrage: Gibt es E-Book-Anbieter, die einen Unterschied zwischen
verkaufen und lizensieren/vermieten machen?
Das Problem ist die unpräzise Formulierung bzw. unklare Verwendung von
Begriffen in Verträgen über die Lizenzierung von E-Books. Es wird allzu
häufig von "Kaufmodell" geschrieben, was aber keines ist, denn die
Übertragung eines Eigentums findet ja nicht statt.
Ich bin jedenfalls noch nicht auf einen Verlag/Anbieter gestoßen, der
"verkaufen" und "lizenzieren" unterscheidet.
Bin verwirrt und interessiert an Antworten.
Schöne Grüße
Martin Lee
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Beste Grüße
Felix Daiber
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