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[InetBib] Wie veraendert sich das wissenschaftliche Publikationswesen?



Es ist erstaunlich, dass in einer Zeit, in der die Digitalisierung mit
Open Access zu einer Revolution des Publikationswesens führt (Whither
Science Publishing? The Scientist August 2012 » Cover Story »
http://the-scientist.com/2012/08/01/whither-science-publishing/ ) die
Versuche zunehmen, mit dem Hirsch-Index, dem g-Index, den Google Scholar
Metrics (
http://www.elprofesionaldelainformacion.com/contenidos/2012/julio/15_eng.pdf
) etc. die Qualifikation von Autoren bibliometrisch zu bewerten. In
Wirklichkeit wäre es sehr viel wichtiger den Umbruch zur Kenntnis zu
nehmen.

Während früher die gedruckte Publikation der limitierende Faktor für das
publish or perish war, bei dem man davon ausging, dass es einer gewissen
Qualität bedurfte z.B. im Science Citation Index (SCI) zitiert zu werden,
nimmt die Bedeutung des SCI im internationalen Publikationswesen immer
weiter ab. Der SCI ist längst nicht mehr das szientometrische Instrument
der Wahl. Der Versuch, als Qualitätskriterium zunehmend den Impact Factor
zu berücksichtigen, war eigentlich nur ein Zeichen dafür, dass man den
Rückgang der Bedeutung gedruckte Publikation bemerkte und metrisch zu
kompensieren versuchte.

Es ist ja nicht nur die Open Access Visibility (
http://www.la-press.com/la_press_news.php?pa=view&news_item_id=2009 ) die
so vieles verändert, es ist auch die Unmenge grauer Literatur, die nun im
Internet leicht, wenn nicht leichter als so manche renommierte
Zeitschrift, zugänglich ist und den Wissenschaftsfortschritt beschleunigt.
Wir müssen uns davor hüten, ein völlig falsche szientometrisches Bild zu
konstruieren, in dem wir völlig subjektiv aus einer veralteten Perspektive
heraus zu massiven Fehleinschätzungen kommen. Das beginnt schon damit,
dass immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse unter Verschluss gehalten
werden. Solche Erkenntnisse wurden z.B. nach dem zweiten Weltkrieg quasi
explosionsartig bekannt, wie beispielsweise die Informationstheorie. Heute
sind dagegen immer mehr Zeitschriften nichts anderes mehr als die Reklame
für bestimmte Produkte, Methoden, Forschungsprojekte,
Wirtschaftsströmungen oder politische Richtungen. Es sei hier nur an den
Streit im Global Warming erinnert.

Wenn K. Schuldt kürzlich in LIBREAS
(http://libreas.wordpress.com/2012/06/06/peer-review-eine-entscheidungsfrage-fur-kleine-zeitschriften/
) darauf hinwies, dass das Peer Reviewing immer fragwürdiger wird, und in
(http://f1000.com/717950080 ) festgestellt wurde, dass “papers published
in highly selective Ecology journals with high rejection rates are no
better cited than articles published in open access venues that evaluate
only technical correctness (and not novelty) and therefore have much
higher acceptance rates.”, dann wird es Zeit für ein szientometrisches
Umdenken.

Wie die zur Zeit so beliebten Plagiatssuchen zeigen, ist es inzwischen
interessanter festzustellen wie weit bestimmte Autoren Gedanken,
Textteile, Methoden oder Anregungen wörtlich übernehmen bzw. Abwandeln,
als nur Zitationsraten zu bestimmen, weil wir im SCI nicht mehr
Möglichkeiten hatten.

MfG

Walther Umstaetter


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