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[InetBib] FRPAA



Ein Gedankenexperiment:
Angenommen der Federal Research Public Access Act (FRPAA) würde in den USA
wirksam werden, bei dem “federally-funded research“ in einer Zeit von max.
6 Monaten Peer Reviewed online publiziert werden soll, und einem Verlag
wäre es möglich, diese Publikationen sofort zu publizieren, also ohne Peer
Review etwa 5 Monate früher, für wie viel Dollar könnte diese
Vorabinformation verkauft werden? Das entspräche in etwa dem eigentlichen
Wert des heutigen Peer Reviewing.

Anders gesagt, einerseits verliert jede neue wissenschaftliche Entdeckung
Tag für Tag an Wert, andererseits ist die Frage, wie weit sie durch das
Peer Reviewing fehlerfreier wird und an Wert gewinnt.

Dabei darf natürlich nicht übersehen werden, dass die USA im FRPAA 100
Mio. $ oder mehr bereitstellen sollen, um insbesondere durch dieses Peer
Reviewing die Vormachtstellung der USA in der Wissenschaft zu sichern.
Denn diese Vormachtstellung ist der entscheidende Wert im Wettbewerb um
die Nationalökonomie des Geistes – um die sich auch das deutsche
(europäische) Bibliothekswesen kümmern sollte, wenn es seine
Existenzberechtigung behalten will.

Ich wage allerdings zu behaupten, dass sich auch in Zukunft die meisten
Wissenschaftler hüten werden Unsinn zu publizieren, und dass darum der
Zeitverlust durch das Peer Reviewing in diesem bereich viel Teurer ist,
als der Gewinn, den dieses Selektionssystem bringen soll.

Dass es aber durchaus legitim ist, dass ein Land seine eigene
Wissenschaft, bzw. Publikationen die dem eigenen Land helfen, über Peer
Reviewing zu bevorzugen versucht, ist leicht einsehbar.

Im Prinzip sieht man den Wert rascher Publikation schon an der Diskussion
über die moving wall bei de Gruyter. Die Verlage ziehen immer mehr Gewinn
aus der Zeitverzögerung, und das trotz sog. Peer Reviewings.

Siehe dazu auch die Diskussion in LIBREAS
http://libreas.wordpress.com/2012/06/06/peer-review-eine-entscheidungsfrage-fur-kleine-zeitschriften/

und die aktuelle Diskussion zu einer „newLIS“
http://libreas.wordpress.com/2012/07/04/libreas-als-schweigbugelhalter-eine-position-zur-newlis-debatte/

Außerdem brauchen wir dringend eine Diskussion über den Wert von
Bibliotheken, der aber nicht auf der Bais von Bibliothekswert-Rechnern
oder Doppik geschehen darf, weil das völlig irreführend ist.

MfG

Walther Umstätter



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