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[InetBib] Der ewige Bloomsday oder: Das Urheberrecht, die Kultur und die Gier
- Date: Mon, 16 Apr 2012 09:58:29 +0200
- From: Eric Steinhauer <eric.steinhauer@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Der ewige Bloomsday oder: Das Urheberrecht, die Kultur und die Gier
Liebe Liste,
das hohe Schutzniveau des Urheberrechts und vor allem seine lange Dauer
werden immer wieder mit der kulturschaffenden Wirkung dieses Schutzes
begründet.
Da ist es umso bemerkenswerter, wenn in der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung, die für freie Inhalte nicht gerade große Sympathien hegt,
anläßlich zweier(!) in Erscheinung begriffener Hörbücher von Joyces
Ulysses dies zu lesen ist:
"Denn zum Jahresanfang sind die Rechte am Werk des 1941 in Zürich
gestorbenen James Joyce frei geworden. Die Erben des Dichters, an ihrer
Spitze der so streitbare wie umstrittene Enkel Stephen James Joyce, sind
damit ihres Einflusses weitgehend beraubt - vor allem müssen sie nicht
mehr honoriert werden, wenn ein Verlag, ein Studio oder eben ein Sender
die Romane, Erzählungen oder Gedichte des literaturlegendären Vorfahren
aufs Neue druckt, neu übersetzen lässt oder audiovisuell nutzt. Explizit
hat etwa Claus-Ulrich Bielefeld, Literaturredakteur im RBB, von 'der
Geldgier der Enkel' gesprochen, die seinen Joyce-Plan lange verhindert
habe. Er macht nun sofort von der Gunst der Urheberfreiheit Gebrauch -
und Manfred Hess, der Hörspieldramaturg im SWR, steht ihm nicht nach."
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/jahrhundertbuch-im-radio-und-auf-cd-vor-ulysses-muss-sich-niemand-fuerchten-11716908.html
Es war auch die FAZ, die am 12. Januar auf S. 30 unter der Überschrift
"James Joyce, frei für alle" schrieb:
"Zu Jahresbeginn ist ein Termin verstrichen, den Forscher, Verleger und
Interpreten des Werks von James Joyce als Grund zur Feier empfinden: die
Aufhebung des Urheberschutzes für den Großteil des OEuvres des im Januar
1941 gestorbenen irischen Schriftstellers. Nach europäischem Gesetz
erlischt die Frist siebzig Jahre nach dem Tod eines Autors. Für die
Joyce-Gemeinde ist dies ein Wendepunkt, ähnlich der Befreiung von einem
tyrannischen Regime."
[Dieser Beitrag ist leider nur im Bezahlbereich der FAZ zugänglich, also
doch nicht "frei für alle". ;)) ]
Am Beispiel von Joyce können wir beobachten, wie stimulierend die
Gemeinfreiheit für kulturelles Schaffen sein kann. Das sehen offenbar
auch die Verlage, die nunmehr in Hörbuchproduktionen von Joyce (weitere
sind angekündigt) investieren. Und das sieht auch die FAZ so, wenn sie
die nunmehr mögliche Hörbuchproduktion schon vor dem Erscheinen hymnisch
als kulturelle Großtat preist.
Viele Grüße
Eric Steinhauer
--
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