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Re: [InetBib] Encyclopedia Britannica stellt Druckausgabe ein



Lieber Herr Prenz,

seit dem wir über das Informationsmanagement diskutieren (und das geht
inzwischen in die Jahrzehnte) höre und lese ich den Satz, dass Qualität
ihren Preis habe, dass man Information teurer verkaufen solle, damit die
Kunden den eigentlichen Wert besser erkennen oder dass die Gewöhnung an
kostenlose Informationen den Anschein erwecke, man müsste für Qualität
nichts mehr bezahlen. In Wirklichkeit hat diese Diskussion dazu geführt,
dass immer mehr Informationsanbieter die Qualität ihres Angebotes durch
möglichst hohe Preise zu belegen versuchen. Insbesondere dann, wenn es
sich um Schund handelt. Ich bin nicht sicher, wie viel Bild-Leser
inzwischen glauben, sie würden für ihr Geld Qualität erwerben. Für mich
war und bleibt das ein Musterbeispiel an Schund, auch wenn die nackten
Damen jetzt erst auf Seite 3 erscheinen. Wenn BILD dazu anregt: "Testen
Sie 8 Ausgaben BILD am SONNTAG und 1 Monat BILD ePaper zum Vorteilspreis
von 23,19 Euro. Als Geschenk erhalten Sie eine Zugabe Ihrer Wahl"
(https://webmail.cms.hu-berlin.de/squirrelmail/src/webmail.php), dann ist
es doch klar, dass diese 23,19 Euro kein Entgelt für die "Qualität" dieses
Blattes sind. Bild macht, wie fast alle Tageszeitungen, Reklame bis zum
abwinken, und verlangt dafür nur Geld, damit die Leser glauben, sie hätten
dafür bezahlt (s.a. Privatfernsehen).

Ansonsten mögen sie den Unterschied zwischen der Papier- und der
ePaper-Ausgabe mit Äpfeln und Birnen vergleichen, Tatsache ist, dass beide
Angebote weitgehend identisch sind. Eher neu ist nur, wie wichtig es den
Zeitungen und Zeitschriften jetz wird, ihre Abbonnenten auf ePaper hinüber
zu locken, und warum sie nun so große Hoffnungen auf iPad und Konsorten
setzen, denn da müssen die Bibliotheken auf die daraus erwachsenden
Konsequenzen achten.

MfG

W. Umstätter



Lieber Herr Umstätter,

mich beschleicht das Gefühl, Sie vermischten nun Äpfel mit Birnen. Die
Zeitungen haben doch nicht aufgrund papierhassender Jugendlicher Probleme,
sondern weil die Gratisangebote im Netz und die allgemeine Gratiskultur
dort den Anschein erwecken, man müsste für Qualität nichts mehr bezahlen.
Die gedruckte Zeitung geht nicht unter, sondern, wenn schon, die Zeitung
an sich.

Trotzdem sieht man jeden Tag viele Studenten, die gerne ihren
ZEIT-"Brocken" unter dem Arm umher tragen. Wollen wir die Hoffnung also
nicht ganz so schnell verlieren. :-)

Beste Grüße

Markus Prenz

Am 17.03.12 17:11 schrieb "Walther Umstaetter" unter
<walther.umstaetter@xxxxxxxxxxxxxxxx>:


Vielleicht hilft auch das in dieser Diskussion manchem weiter:

http://www.pearsonfoundation.org/downloads/PF_Tablet_Survey_Summary_2012.pdf

In den USA stieg die Zahl an Tablet-PC-benutzenden Studierenden bereits
auf 25% (2011 7%).

MfG

W. Umstätter

P.S. Man achte mal darauf, wie die Zeitungen z.Z. um Anteile in diesem
Markt kämpfen, weil ihre Druckwerke langsam untergehen. Dafür ließ die
Bild-Zeitung bereits Wulff über die Klinge springen und schaffte das
Seite-1-Girl ab. Erstaunlich, dass die Alt-68er da nicht mehr reagieren.
Aber die Blockade der Auslieferung bedruckten Papiers, würde diese
Entwicklung wohl nur beschleunigen.


Hallo Frau Ecks, liebe Liste,

Am 16.03.2012 22:03, schrieb Silke Ecks:

erstmal @ Herrn Wolf:
(die historischen Altbestände mal ausgenommen, aber um die geht es hier
nicht).

Doch, tut es doch!
Wie ist es denn dereinst zu den historischen Altbeständen gekommen?
(mit Herrn Stephan)
Doch wohl, weil etwas eben NICHT aussortiert wurde - sicher, zu einer
Zeit, als Bücher noch keine Massenware waren, bestand ein anderes
Verhältnis zum Wissen in ihnen.

Es gibt inzwischen National-, Landes- und Spezialbibliotheken, die die
Sammel- und Aufbewahrungsaufgabe übernehmen. Eine ganz normale Uni- oder
Stadtbibliothek muss daher nicht alles auf Teufel komm raus sammeln und
kann Dinge, die nicht mehr benötigt werden, aussortieren.

Ach?
Mir erscheinen solche Trends als Modeäußerungen, die gerade irgendwo
an einem grünen Tisch angesagt sind. (Hoffentlich ist das schon morgen
wieder anders!)

Sie arbeiten vermutlich nicht in einer (Universitäts-)Bibliothek, oder?
Es sind jedenfalls auch Forderungen der Studierenden nach mehr
(ruhigen!) Arbeitsmöglichkeiten. Ich beschreibe einfach nur die Realität.

Je nun: Dieser angeblich notwendig in Bibliotheken zu schaffende Platz
(früher nannte man das Mensa oder Kneipe, oder Seminarraum, meine ich
- sind die alten Lernbereiche denn schlecht geworden?) kann doch

Mensa und Kneipe reichen vielleicht bei Putenformschnitzel oder dem 3.
Bier für den philosophischen Smalltalk, aber doch nicht für
konzentriertes Lernen. Und Seminarräume sind für Seminare da, aber
können nicht mal einfach so belegt werden.

ebenso knapp mit einem Verweis auf Internet, Twitter, Chats, Google+
etc. abgewiesen werden?

Auch um diese Dienste zu nutzten braucht man einen Arbeitsplatz. Ein
ruhiges Plätzchen auf der grünen Wiese ist beim hiesigen Klima nicht
ganzjährig nutzbar. Viele ziehen da die Plätze in einer Bibliothek vor.
Und um mit anderen von Angesicht zu Angesicht zu diskutieren sind
Online-Dienste auf absehbare Zeit nur eine zweitklassige Möglichkeit,
verglichen mit dem direkten Gespräch mit anderen Personen in einem Raum.

Das geht da doch auch ganz prima und sofort, und platzsparend, oder?
Und gemütlicher im Café oder zu Hause?? Und es muß gar nicht groß was
digitalisiert werden.

Vom Café oder von zu Hause hat man in aller Regel nicht sofortigen
Zugriff auf tausende (gedruckte) Lehrbücher, die man fürs Arbeiten
benötigt. Es sind also allenfalls Alternativen, die man auch nutzen
kann, aber längst nicht immer.

Jedenfalls bringt sowas keine Leute ins Haus, keine Nutzer.

Also hier werden die neuen Lern- und Arbeitsbereiche sehr intensiv
genutzt.

  > Für mich ist an der so hoch gelobten aktuellen Bibl.-Architektur, die
  > ja angeblich solchen Platz schaffen soll, ein massives Problem, dass
  > sie sich eisig kalt und technokratisch anfühlt und in keiner Weise zu
  > einem Verweilen und Diskutieren einlädt.

Ihre subjektiven Empfindungen in allen Ehren, aber sie entsprechen nicht
der Realität. Hier halten sich jedenfalls viele Studierenden für Stunden
in der Bibliothek auf, obwohl sie so kalt und technokratisch (ich würde
eher sagen: praktisch und nützlich) ist.

Viele Grüße

Sebastian Wolf

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