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[InetBib] Beurteilung junger Talente in der Wissenschaft



Ein Wort zu: Kamalski, Judith and Riese, Colby: Individual Researcher
Assessment: from Newby to Expert. Research Trends (25) Nov. (2011)
http://www.researchtrends.com/issue25-november-2011/individual-researcher-assessment-from-newby-to-expert/

Der Ansatz ist auf den ersten Blick interessant. Man prüft ob ein Autor
einer Publikation noch unbekannt ist, eine vielversprechende Zukunft („a
promising future“) hat, ob er schon wiederholt publizierte und damit
„underway to the next stage“) ist, oder als „established and independent„
angesehen werden kann.

Trotzdem ist es ein Beispiel, wie man Szientometrie nicht betreiben
sollte, denn wenn ich wissen will, ob ein Autor talentiert ist, dann gibt
es zunächst nur eins, zu prüfen, ob seine Publikationen sehr gut, gut,
mittelmäßig oder sogar unsinnig sind. Da kann es natürlich auch hilfreich
sein, zu prüfen, von wem er wie zitiert wird. Aber die Tatsache, dass er
in Datenbanken wie „Scopus“ auftaucht, sollte nicht überbewertet werden.
Im Gegenteil, durch das Internet werden sogar Systeme wie Web of Science
immer stärker relativiert. Ihr Versuch, bestimmte Zeitschriften, durch
einen hohen Impact Factor an der Spitze der Wissenschaft zu halten, wird
immer schwieriger und fragwürdiger. Hier sollte man echte Szientometrie
nicht mit Reklame für bestimmte Datenbanken, Periodika oder Monografien
verwechseln.

Nur am Rande sei bemerkt: Dr. Kamalski ist ein “Publishing Information
Manager“ bei „Elsevier's Research and Academic Relations department“ und
Colby Riese ist „Marketing Communications Manager“ bei Elsevier.

Schon bei E. Garfield, war immer klar, dass seine szientometrischen
Publikationen in erster Linie als promotion activity für seinen Science
Citation Index dienten, aber ohne dass er dadurch sein wissenschaftliches
Renommee aufs Spiel setzte. Gerade weil seine Beiträge so fundiert waren,
ist es ihm gelungen, die im SCI zitierte amerikanische Wissenschaft so
unverzichtbar zu machen.

Bislang war der normale Einstieg vom „Newby“ zum Experten dadurch gegeben,
dass beispielsweise ein Doktorand mit dem ihn betreuenden Doktorvater
zusammen seine ersten Publikationen verfasste, um dann mit dieser neu
gewonnenen fachlichen Anerkennung zunehmend allein zu publizieren, um
danach mit seinen Erkenntnissen wiederum die nächste Newcommer-Generation
zu inspirieren. Immerhin setzte so mancher Doktorvater dabei seinen guten
Ruf aufs Spiel. Wobei nicht jeder Betreuer so gut weg kommt, wie Robert A.
Good, der den Summerlin Skandal (1974) überstehen musste.

Dass wir daneben zunehmend junge Autorinnen und Autoren haben, die über
Projektgelder gefördert werden, deren Sponsoren ein großes Interesse daran
zeigen, die Ergebnisse (wenn sie den Geldgebern genehm sind), allgemein
bekannt zu machen, indem sie auf Tagungen geschickt werden, ihre
Vernetzung mit anderen Mitstreitern gefördert wird und die in der Gefahr
stehen, keine Projektgelder mehr zu bekommen, wenn ihre Ergebnisse nicht
das bringen, was erwartet wird, ist eine der größten Gefahren der Big
Science. Man erinnere sich nur daran, wie lange es der Tabakindustrie
gelungen ist, zu vermeiden Regresspflichtig gemacht zu werden, weil sich
immer wieder sogenannte Wissenschaftler fanden, die beispielsweise belegt
haben, dass Rauchen nicht zu Krebs führt. Auch heute ist es für etliche
Wissenschaftler schwierig, die Gelder zu bekommen, um nachzuweisen, dass
die Globale Erwärmung möglicherweise nicht ausschließlich anthropogener
Natur ist.

Es ist eine wachsende Gefahr, wenn zunehmend Experten eingestellt, berufen
oder gefördert werden, nur weil sie „gut vernetzt“, „oft zitiert“ oder „in
peer reviewed journals“ publiziert haben, ohne dass ihre
Untersuchungsergebnisse, Theorien oder Thesen genauer hinterfragt werden.
Dazu gibt es nicht nur Berufungskommissionen, in denen schon so manche
Fehlbesetzung zur Erheiterung über ahnungslose Kollegen geführt hat, es
ist auch der Grund, warum nicht alles Elite ist, was sich so nennt.

MfG

W. Umstätter


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