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Re: [InetBib] Petition zur Erhaltung der Mainzer Wissenschaftlichen Stadtbibliothek



Liebe Kolleginn und Kollegen, 
die Petition ist eine gute Sache. 
Problem an dieser Sache ist, dass man ein gewachsenes Bibliothekswesen (hier in 
Form der Vorstellung Wissenschaft ist auch für die Allgemeinbildung da und ein 
natürlich gewachsener Sammlungskontext) vor sich hat, das sehr schwer 
vermittelbar ist. Mit "Stadtbücherei" verbinden viele eben - was schon schlimm 
genug ist - die reine Versorgungsbibliothek, die man je nach Finanzlage 
freiwillig am Ort erhält oder nicht.
Eine wissenschaftliche Sammlung erscheint daher fehl am Platze.  Wenn man es 
aber erst mit Kulturerbe und Nachhaltigkeit meint, muss man auch in der Politik 
begreifen, dass dies in der BRD historisch und funktional ("förderal") 
arbeitsteilig läuft. 
Zur Sicherung solcher Kontexte brauchen wir letztlich wie immer wieder erwähnt 
gesetzliche Grundlagen, die die Funktionen von Bibliotheken verorten. Wenn 
gewachsene Einrichtungen wie die in Mainz von der Kommune nicht alleine 
getragen werden können, müssen nachfolgend Landeszuschüsse her. Kulturerbe und 
Wissenschaft sind auch Landesthemen.
Bitter ist übrigens, dass einerseits Wissenschaftsrat etc. von "wertvollen 
Sammlungen" spricht, die es zu erhalten gilt (letztes Papier bezogen auf 
Universitätssammlungen), gleichzeitig aber regional die Abreißbirne regiert.

Schöne Grüße



Annette Kustos, M.A., M.A.-LIS
Leitung Hochschulbibliothek
Hochschule für Gesundheit
University of Applied Sciences
Universitätsstraße 105
44789 Bochum
Tel: +49 (0)234/77727-150
Mobil: 
E-Mail: annette.kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx
Web: www.hs-gesundheit.de

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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx 
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Walther Umstaetter
Gesendet: Donnerstag, 3. November 2011 18:41
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Petition zur Erhaltung der Mainzer Wissenschaftlichen 
Stadtbibliothek

Es ist merkwürdig, in Deutschland spart man durch Bibliotheksschließung,
anstatt dass man existierende Strukturen zu nationalökonomisch wirksamen
Einrichtungen weiterentwickelt, wie es schon Harnack vor 90 Jahren
forderte. Wenn man beispielsweise das "Web Scale Discovery"
(http://www.oclc.org/de/de/worldcat/web/default.htm) betrachtet, das
zweifellos ein zeitgemäßes Instrument ist, um Forschung, Politik,
Wirtschaft und Wissenschaft gezielt nach vorn zu bringen, dann wären
Bibliothekare nicht nur die richtigen Ansprechpartner um in Deutschland
global besser wettbewerbsfähig zu sein, Bibliotheken würden auch ihr Image
als pure Freizeitbeschäftigung verlieren. Nichts gegen das alt schöne
Buch, gegen Lesförderung oder einen sexy Roman, aber modernes
Bibliothekswesen hat die Aufgabe in der Wissenschaftsgesellschaft von
heute die Wissensakquisition und –organisation weiterzuentwickeln. Das ist
auch das, was die DFG in ihrer Forschungsförderung nutzen sollte.

Nach dem inzwischen weitgehend vergessenen Mauerfall und den Krisen 2008
und 2011 wird heute wieder viel über den Kapitalismus geschimpft. In
Wirklichkeit brauchen wir dringend Kapital, das in innovative Projekte der
Zukunft investiert, anstatt den Versuch zu unternehmen, es in Grund- oder
Edelmetallwerten zu horten. Die Investition in Wissen (und nicht in
Pseudowissen, irrelevante Information, Amüsement oder lustige
Leseförderung ist das Gebot der Stunde. Es kommt nicht nur darauf an, das
man liest, sondern was man liest (nur am Rande, zum Thema Jungs lesen
weniger).

„Öffentliche Bibliotheken sind ursprünglich mit dem Anspruch angetreten,
ein gewisses Bildungsniveau in einer breiten Bevölkerung zu ermöglichen.
Dieser Anspruch wurde im Laufe der Zeit zunehmend durch oberflächliche
Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen gefährdet, in denen beispielsweise der
Bund der Steuerzahler die Erkenntnis publizierte, dass aufgrund der
verbesserten Einkommensverhältnisse der Bevölkerung es nicht mehr
erforderlich sei öffentliche Bibliotheken vorzuhalten. Erst durch die
PISA-Studien (Programme for International Student Assessment) in den
Jahren nach 2000 wurden ... einige Projektideen zur Leseförderung auf den
Weg gebracht.“ (Umstätter, W.: Lehrbuch des Bibliotheksmanagemnts. 2011
S.28/29) Damit änderte sich eine wichtige Zielgruppe im
Bibliotheksmanagement der ÖBs und sie wird sich im oben genannten Sinne
noch weiter ändern müssen, bei den WBs.

Es gibt Formen des Sparens, die wir uns nicht leisten können, die an gut
verwalteten Bibliotheken gehört vorrangig dazu. Das ist doch der Grund,
warum unterentwicklete Länder so wenig Chancen haben aufzuholen. Sie haben
 keine Harvard University Library, das was wir hier durch ein SSG-System
zu kompensieren versuchen.

MfG

W. Umstätter


Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Förderer, Freunde, Benutzer der
Mainzer Stadtbibliothek,

Bitte unterstützen Sie diese Petition zur Erhaltung der Mainzer
Wissenschaftlichen Stadtbibliothek!

Vielen Dank, Annelen Ottermann.


http://openpetition.de/petition/online/der-bestand-der-wissenschaftlichen-stadtbibliothek-mainz-darf-nicht-zerschlagen-werden



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