Date: Wed, 3 Aug 2011 14:08:25 +0200
From: "Thomas Ehrsam"<ehrsam@xxxxxx>
Subject: Re: [InetBib] Google+ ... und warum ich es nicht haben will
To: "'Internet in Bibliotheken'"<inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Message-ID:<001901cc51d6$0c18b9e0$244a2da0$@mug.ch>
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Liebe Kollegen und Kolleginnen
Ich habe den Eindruck, das von Herrn Sander-Beuermann aus Anlass von Google+
gestellte Problem werde hier allzu rasch kleingeredet oder vom Tisch
gewischt. Nat?rlich gibt es auch anderswo Monopole und ich bin der letzte,
der z.B. das Quasi-Monopol von MS Word (das das bessere WordPerfect
marginalisiert hat) nicht bedauert. Aber dabei geht es 'bloss' um
wirtschaftliche Macht und die Qualit?t von Produkten. Bei Google aber geht
es darum, dass der Zugang zum Wissen weltweit faktisch monopolisiert wird.
Und als ob das noch nicht bedenklich genug w?re, kommt es nun bei Google,
Apple (Iphone), Amazon und Facebook dar?ber hinaus zu einer Konzentration
gigantischer Mengen von pers?nlichen Daten in sehr wenigen privaten
amerikanischen H?nden. Und damit immer noch nicht genug: Das Cloud-Computing
steht an, d.h. die Uebergabe der eigenen Daten (privaten und gesch?ftlichen)
an dieselben Konzerne, damit sie sie ?berall auf der Welt, wo man einen
Internetzugang gibt, zur Verf?gung stellen. Sehr praktisch. Aber wer das
nicht auch gef?hrlich findet, hat (zu) wenig Phantasie. Nicht die
Konzentration in privaten und amerikanischen H?nden ist das Hauptproblem,
die Konzentration selbst ist es, ob privat oder staatlich, ob hier oder in
den USA.
Man stelle sich nur einmal vor, die Tea Party, eine militant-islamistische
oder eine andere finstere Gruppe k?me an die Macht - und wenn sie die Hand
auf zwei, drei Konzerne legt, hat sie den Vollzugriff auf (fast) alle Daten
dieser Welt, zum Gebrauch und Missbrauch... In der Nazizeit wurden
missliebige B?cher verbrannt, aber auf die privaten B?cherbest?nde der
B?rger hatte die Gestapo in der Regel keinen Zugriff. Heine und Marx wurden
vielleicht in die hinteren Reihen verschoben, aber sie blieben da und
konnten gelesen werden. In Zukunft wird, wer die Macht hat, die B?cher auf
den Servern und auf den pers?nlichen Ger?ten (Kindle etc.) l?schen k?nnen -
und dann ist nicht nur mit Open Access Schluss!
Dar?ber und ?ber die M?glichkeit oder Unm?glichkeit von Machtkontrolle und
Machtdezentralisation m?ssten wir gerade als Bibliothekare diskutieren
m?glichst ohne "Verbl?dungsmaschinerie" und ohne "Moskau einfach", in der
Blockhuettenversion.
Mit freundlichen Gr?ssen
Thomas Ehrsam
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Dr. Thomas Ehrsam
Bibliotheksleiter
Museumsgesellschaft
Limmatquai 62
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