Hallo Herr Ehmann,
vielen Dank für Ihre ausführlichen Anmerkungen zum Thema.
Am 08.09.10 07:44 schrieb Timo Ehmann:
vielen Dank für den Blogbeitrag über Juris etc. bzw. den Hinweis
darauf. Die Diagnose "Umbruch des jur. Informationsmarktes" sowie
"Juris und Beck-Online sind teuer" ist sicherlich zutreffend.
Den "Umbruch" kann man auch an den Äußerlichkeiten in unseren
Bibliotheken ersehen. Die Benutzer bringen einen Laptop mit, um dann
übers WLAN auf Datenbanken zuzugreifen, worüber sie Texte aus
Zeitschriften lesen. Niemand nimmt mehr die Zeitschrift selbst in die
Hand. Desgleichen mit Kommentaren. Wurde erst gestern wieder von
Studenten kurios beäugt, als ich SozSich und AcP querlas... Die
ungebundenen Zeitschriften befinden sich, anders als früher, in einem
Top-Zustand, es wird kaum noch photokopiert, alles läuft übers Netz.
Dabei läuft auch dasjenige über die kommerziellen Datenbanken, was
ansonsten frei verfügbar ist. Die Benutzer suchen keine freien Angebote,
sie bilden sich anscheinend ein, kommerzielle wären irgendwie "anders",
"besser", cool, très chic oder so. Sie haben sich ganz mehrheitlich
schon in die kommerzielle Ecke lotsen lassen, für Open Access ist da im
Bewußtsein kein Raum mehr.
Ärgerlich finde ich das insbesondere, soweit der Zugang auch zu
solchen Informationen kostenpflichtig ist, die aus gutem Grund
urheberrechtsfrei sind, weil die Allgemeinheit insoweit ein
gesteigertes Informationsbedürfnis hat - also Gesetze (wo nur
aktuelle Versionen im Netz frei zugänglich, häufig aber auch ältere
noch gelten) und Gerichtsurteile. Sie schreiben zwar zurecht, dass
Gerichtsurteile bei den Gerichten kostenlos zugänglich sind.
Allerdings will man wohl nicht, dass sie dort gefunden werden, da man
die Entscheidungen von Google ausschließt
http://juris.bundesgerichtshof.de/robots.txt .
Das finde ich für sich genommen nicht allzu problematisch, weil es sich
dabei eben um eine weitere Deep-Web-Datenbank handelt, die man über DBIS
findet und die man dann gezielt durchsuchen kann.
Ärgerlich finde ich da schon, daß auf den Webseiten der Bundesgerichte
Entscheidungen oft nur ein paar Jahre rückwärts verfügbar sind. Ich
denke etwa an das BSG, so daß man dann auf sozialgerichtsbarkeit.de
ausweichen muß.
Diese Unzufriedenheit als Nutzer sowie als Autor juristischer
Informationen hat bei mir dazu geführt, dass ich irgendwann
angefangen habe, an dem Projekt JUSMEUM zu arbeiten.
Ihre Idee ist ganz sicherlich sehr lobenswert, denn wenn ich Ihrer
Beschreibung folge, "befreien" sie ja solche verborgenen Inhalte
regelrecht aus ihren Robots.txt-Verliesen.
Ich sehe auch gerade, daß man die Suche in Jusmeum auch ohne
Registrierung nutzen kann. Als ich mir die Plattform zuerst angeschaut
hatte, war das noch anders. Aber die Kombination mit einem sozialen
Netzwerk finde ich wiederum eher problematisch. Soziale Netzwerke sind
ein großer Zeitkiller, von denen ich mich fast vollständig zurückgezogen
habe.
Viele Grüße,
Jürgen Fenn.
--
http://www.inetbib.de