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[InetBib] OT Inhaltserschliessung / Einladung nach Karlsruhe / Bibliothekarischer Umgangsstil



Im wissenschaftlichen wie auch im behördlichen Umgangston in Deutschland 
ist eine allgemeine Contenance, ein diskret-zurückgenommenes, 
hochanständiges und "ehrpusseliges" Verhalten üblich, das für Beobachter 
von außen immer dann an Heuchelei grenzt, wenn man weiß, daß die kühlen, 
abwägenden Autoren der Texte sich in Wahrheit aufregen und 
verzweiflungsvoll die Hände ringen.

Solche edle Zurückhaltung erfüllt soziale Funktionen, sie gewährleistet 
eine Abschwächung, oft genug auch eine Verfälschung fundamentaler 
Kritik, sie ist der Deckel, unter dem Reformwille und Reformeifer hübsch 
unterhalb der Explosionstemperatur gehalten werden sollen.

Hat man ernsthafte Reformanliegen, kämpft man gegen die Betonfestungen 
verhärteter Positionen an, dann *muß* man in aggressiven Ton verfallen, 
will man sich nicht der Mitheuchelei und Niedrigtemperaturhaltung 
mitschuldig machen. "Eiszeit" gibt es nicht nur in Zürich, sondern etwa 
auch im open-access-Bereich.

Ich habe in einem verwandten Sektor, dem des Börsenvereins des 
Buchhandels, festgestellt, daß nur durch äußerste Aggressivität im 
Foren-Umgangsstil Verkrustungen und Beharrung in Betonfestungen 
angegangen werden können. Daher wird man Dr.Grafs für deutsche 
Beamtenaugen sehr ungewohnte kämpferische Formulierungen nur dann 
tadeln, wenn sie (was leider im untenstehenden Beispiel geschehen ist) 
persönliche Angriffe unterhalb der Gürtellinie enthalten.

Ansonsten aber bitte ich nicht zu unterschätzen, wie sehr sich hinter 
einem "gesitteten" Umgangston in brennenden Kernfragen in Wahrheit ganz 
eindeutig Selbstdisziplinierung und Ängstlichkeit verbergen können. Mir 
ist seit vielen Jahren immer wieder aufgefallen, wie gerade 
Bibliothekare nach außen hin ängstlich kuschen, ihre Standpunkte eher zu 
verhehlen pflegen als sie mutig zu vertreten. Ganz ohne persönliche 
"Aufregung" ist aber ein Anliegen in Mailinglisten, Foren usw. nicht 
glaubhaft zu vertreten.

Natürlich greift die "open access"-Frage das Gesellschaftsbild unserer 
Verleger und Politiker auf breiter Ebene an, da ist Sprengstoff in der 
Aktentasche. Der Bibliothekar sollte dann aber sprachlich nicht so tun, 
als transportiere er harmlose Traktätchen.

Freundlich grüßt

Peter Mulzer

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Klaus Graf schrieb am 01.07.2010 21:08:
Klar, ist ja viel effizienter, als das PDF einfach Open
Access ins Netz zu stellen. Die Hitze brutzelt wohl gerade
das Resthirn weg ...

Hallo Herr Graf,

Ihre Einwände würden sicher wesentlich mehr Gehör und Verständnis
finden, wenn Sie sie nicht mit zu viel Sarkasmus und Bemerkungen wie dem
hier zitierten letzten Satz würzen würden. Wie würden Sie eigentlich
reagieren, wenn man Sie mit einer solchen Bemerkung bedenken würde?

Mit freundlichen Grüßen,
Michael Schaarwächter

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