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[InetBib] OT Inhaltserschliessung / Einladung nach Karlsruhe / Bibliothekarischer Umgangsstil
- Date: Sat, 03 Jul 2010 11:39:05 +0200
- From: Peter Mulzer <mulzerbooks@xxxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] OT Inhaltserschliessung / Einladung nach Karlsruhe / Bibliothekarischer Umgangsstil
Im wissenschaftlichen wie auch im behördlichen Umgangston in Deutschland
ist eine allgemeine Contenance, ein diskret-zurückgenommenes,
hochanständiges und "ehrpusseliges" Verhalten üblich, das für Beobachter
von außen immer dann an Heuchelei grenzt, wenn man weiß, daß die kühlen,
abwägenden Autoren der Texte sich in Wahrheit aufregen und
verzweiflungsvoll die Hände ringen.
Solche edle Zurückhaltung erfüllt soziale Funktionen, sie gewährleistet
eine Abschwächung, oft genug auch eine Verfälschung fundamentaler
Kritik, sie ist der Deckel, unter dem Reformwille und Reformeifer hübsch
unterhalb der Explosionstemperatur gehalten werden sollen.
Hat man ernsthafte Reformanliegen, kämpft man gegen die Betonfestungen
verhärteter Positionen an, dann *muß* man in aggressiven Ton verfallen,
will man sich nicht der Mitheuchelei und Niedrigtemperaturhaltung
mitschuldig machen. "Eiszeit" gibt es nicht nur in Zürich, sondern etwa
auch im open-access-Bereich.
Ich habe in einem verwandten Sektor, dem des Börsenvereins des
Buchhandels, festgestellt, daß nur durch äußerste Aggressivität im
Foren-Umgangsstil Verkrustungen und Beharrung in Betonfestungen
angegangen werden können. Daher wird man Dr.Grafs für deutsche
Beamtenaugen sehr ungewohnte kämpferische Formulierungen nur dann
tadeln, wenn sie (was leider im untenstehenden Beispiel geschehen ist)
persönliche Angriffe unterhalb der Gürtellinie enthalten.
Ansonsten aber bitte ich nicht zu unterschätzen, wie sehr sich hinter
einem "gesitteten" Umgangston in brennenden Kernfragen in Wahrheit ganz
eindeutig Selbstdisziplinierung und Ängstlichkeit verbergen können. Mir
ist seit vielen Jahren immer wieder aufgefallen, wie gerade
Bibliothekare nach außen hin ängstlich kuschen, ihre Standpunkte eher zu
verhehlen pflegen als sie mutig zu vertreten. Ganz ohne persönliche
"Aufregung" ist aber ein Anliegen in Mailinglisten, Foren usw. nicht
glaubhaft zu vertreten.
Natürlich greift die "open access"-Frage das Gesellschaftsbild unserer
Verleger und Politiker auf breiter Ebene an, da ist Sprengstoff in der
Aktentasche. Der Bibliothekar sollte dann aber sprachlich nicht so tun,
als transportiere er harmlose Traktätchen.
Freundlich grüßt
Peter Mulzer
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Klaus Graf schrieb am 01.07.2010 21:08:
Klar, ist ja viel effizienter, als das PDF einfach Open
Access ins Netz zu stellen. Die Hitze brutzelt wohl gerade
das Resthirn weg ...
Hallo Herr Graf,
Ihre Einwände würden sicher wesentlich mehr Gehör und Verständnis
finden, wenn Sie sie nicht mit zu viel Sarkasmus und Bemerkungen wie dem
hier zitierten letzten Satz würzen würden. Wie würden Sie eigentlich
reagieren, wenn man Sie mit einer solchen Bemerkung bedenken würde?
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Schaarwächter
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