Liebe Liste, auch ich sehe die von Herrn Steinhauer angesprochene Problematik. Dass Bibliotheken in ihrer Lobbyarbeit auf absehbare Zeit nicht mit anderen Interessegruppen mithalten können, war mir auf der Urheberrechtstagung in Berlin wieder sehr deutlich. Wenig überraschend wurde die Diskussion weitgehend von den Interessen der Unterhaltungsindustrie dominiert. Unter den ca. 250 geladenen Teilnehmern habe ich nur fünf Bibliothekarinnen und Bibliothekare gezählt. Obwohl den Bibliotheken in den Diskussionsrunden sogar einige rhetorische Bälle zugespielt wurden (namentlich von Prof. Hilty) war niemand da, der die guten Pässe in Tore hätte verwandeln können (für die Bibliotheken saß Mrs. Barbara Stratton als Repräsentantin der IFLA auf dem Podium. Da Mrs. Stratton aber die deutsche Diskussion nicht kannte und sie auch keine wissenschaftliche Bibliothekarin ist, konnte sie zwangsläufig auch in den Debatten nicht sehr punkten). Noch ärgerlicher aber war Folgendes: Wenn aus den von Steinhauer angesprochenen Gründen fundierte Lobbyarbeit von Bibliothekaren meist an der Ressource Zeit scheitert, sind wir umso abhängiger davon, wenigstens unsere vermeintlichen Interessenvertreter in Politik und Wissenschaft präsent zu haben. Ich habe kein Verständnis, dass zwar eine ganze Reihe von Ministerien und einige Bundestagsabgeordnete das Thema Urheberrecht für wichtig genug hielten, um ihre Vertreter zu entsenden, nicht aber das Bundesministerium für Bildung und Forschung oder die Kultusministerien der Länder (einzige Ausnahme: Bayern). Geradezu skandalös erscheint dies vor dem Hintergrund, dass die Kultusministerien von Frankreich, Bulgarien, Tschechien, Spanien, Norwegen, Rumänien und Dänemark teilweise gleich mit mehreren Vertretern angereist waren. Als Nachtrag hier der Konferenzbericht in der FAZ von gestern: http://alturl.com/xhz4 Grüße aus Ilmenau, A.Upmeier -- Dr. Arne Upmeier Universitaetsbibliothek Ilmenau Langewiesener Str. 22 DE - 98693 Ilmenau Tel.: 03677/69-4534, Fax.: 03677/69-4530 E-Mail: arne.upmeier@xxxxxxxxxxxxx
-----Ursprüngliche Nachricht----- Von: "Klaus Graf" <klaus.graf@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx> Gesendet: 12.05.09 11:38:29 An: Internet in Bibliotheken <inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx> Betreff: Re: [InetBib] Open Access und Zeit
On Tue, 12 May 2009 11:21:35 +0200 Ulrich Herb <u.herb@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx> wrote:Lieber Herr Steinhauer, lieber Herr Graf, liebe Liste, Herr Steinhauer ist mir zuvorgekommen, weswegen ich mich nun kürzer fassen kann als geplant."Merkwuerdigerweise beteiligen sich deutscheOA-Vertreterausser mir ueberhaupt nicht an Diskussionen ueberMandatein den einschlaegigen Foren. In Harnads AMSCI kann ichmitholprigem Englisch zu erklaeren versuchen, wieso die Germans einen Sonderweg gehen. Ich habe weder dort nochinliblicense irgendetwas von Steinhauer oder Herb usw. gelesen. Und in der verschnarchten Mailingliste von open-access.net waren Mandate auch noch kein Thema."Hier stimme ich Herrn Graf zu, ich melde mich in den besagten Foren zu den besagten Themen nicht zu Wort: Mangels Expertise im Thema und mangels Zeit, diese Expertise zu erlangen. Wenn ich in "Publikumsmedien" zu Aspekten der Themen elektronisches Publizieren oder Open Access Texte veröffentliche, dann zu Aspekten, mit denen ich mich auszukennen glaube. Überdies verfasse ich diese Texte in meiner Freizeit, das bedeutet: ich genieße das Privileg Themen zu wählen, die mich interessieren und das sind nun mal zumindest derzeit andere als Mandate, im Moment befasse ich mich viel lieber mit Wissenschaftssoziologie.Entschuldigung, aber wenn man Open Access befuerwortet, muss man das genauso professionell machen wie die Auswahl von OPAC-Software oder was man sonst beruflich zu tun hat. Das setzt die Beteiligung an Fachdiskussionen voraus. Herr Steinhauer hatte sehr wohl die Zeit, sich mehrfach hier und in seinen Blogs ablehnend zu Mandaten zu aeussern. Wenn man sich nicht aeussert, traegt man zumindest von Seiten der Bibliotheken keinen entsprechenden Wunsch an die Hochschulleitungen heran. Ich sehe hier vor allem eine bornierte Beschraenkung auf den deutschen Bereich (deutschsprachig waere falsch, die Schweiz hat 2 Mandate), die letztlich dazu fuehrt, dass man Open Access nur halbherzig befuerwortet - die uebliche Heuchelei der Bibliothekare eben. Klaus Graf