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[InetBib] Wie ahnungs- und kenntnislose Bibliotheksfunktionaere die Public Domain zerstoeren
- Date: Thu, 16 Apr 2009 19:56:32 +0200
- From: "Klaus Graf" <klaus.graf@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Wie ahnungs- und kenntnislose Bibliotheksfunktionaere die Public Domain zerstoeren
Mail einer Wikisource-Mitarbeiterin an die UB Erfurt:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
in Ihrem OPAC finde ich die folgende Ausgabe:
Titel: Alarm : Manifeste aus 20 Jahren / Erich Mühsam
Verfasser: Mühsam, Erich *1878-1934*
Erschienen: Berlin : Verlag der Syndikalist, 1925
Umfang: 100 S.
Schriftenreihe: Dichter und Rebellen ; Bd. 1
Sachgebiete: GM 4873
Standort: UB Erfurt: Magazin
Signatur: 70829
Wikisource, die freie Quellensammlung sucht für die
Gedichte "Die Pflicht" und "Das Volk der Denker" von Erich
Mühsam einen Scan, diese sind in vorgenannter Ausgabe auf
den Seite 94 und 99 enthalten. Nun meine Bitte: wäre es
möglich die Titelseite dieser Ausgabe und die Seiten 94 und
99 zu scannen und diese dem Projekt kostenfrei zur
Verfügung zu stellen und mir die Scans per Mail zuzusenden?
Für Ihre Prüfung und Mühe möchte ich mich schon im Vorfeld
herzlich bedanken.
Mit freundlichen Grüßen
...
http://de.wikisource.org/wiki/Hauptseite "
Daraufhin kam vom stellvertretenden Erfurter Direktor die
hahnebuechene Absage:
"leider kann ich Ihrem Wunsch nicht entsprechen, da die
Vervielfältigungsrechte nicht bei der Bibliothek, sondern
beim Verlag bzw. ggf. dem Rechtsnachfolger des o.a.
Verlages liegen. Ggf. sollten Sie sich an den Börsenverein
des Deutschen Buchhandels wenden, da die
Urheberrechtsproblematik äußerst schwierig und derzeit sehr
umstritten ist."
Kein Wunder, dass die Verlage Oberwasser haben, wenn
stellvertretende Bibliotheksdirektoren nicht fuer 5 Cent
Ahnung vom Urheberrecht haben. So jemand ist als
Abteilungsleister Benutzung schlicht und einfach fehl am
Platz.
Halten wir nochmals fest:
Es gibt kein Leistungsschutzrecht der Verlage, das die
Dauer des gesetzlichen Urheberrechtsschutzes
ueberschreitet. Es gibt in Deutschland sogar ueberhaupt
kein solches Recht (anders als in England, wo ein
typographisches Schutzrecht 25 Jahre nach Erscheinen
besteht). Dass dies den Verlagen nicht gefaellt und diese
eine Aenderung anstreben, steht auf einem anderen Blatt.
Zum geltenden Recht:
http://www.bibliotheksrecht.de/2008/01/16/verlegerrecht_und_layout_schutz~3584078/
http://www.bibliotheksrecht.de/2009/02/17/scannen-originale-5594501/
Dass an den Boersenverein verwiesen wurde, zeigt, wie die
Bibliotheksdirektoren jetzt nach dem Casus
Wuerzburg/Darmstadt wie veraengstigte Hasen in der Ecke
kauern, sich um Recht um Gesetz nicht mehr kuemmern,
sondern nur noch eine panische Furcht vor den Verlagen
haben.
Ausbaden musste das ein freies Projekt, das gerade einmal
drei Seiten als Scan erbetteln wollte.
Klaus Graf
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.