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Re: [InetBib] Scannen der Verlagspublikation fuers Repositorium zulaessig?



Lieber Herr Kuhn,

der Satz von Herrn Sprang klingt in der Tat zunächst lustig, ist aber wohl so 
gemeint:

Verlage, die die Online-Rechte an dem Aufsatz nicht besitzen, werden das 
Scannen des gedruckten Originals (=Verlagsleistung) erlauben, wenn sie dafür im 
Gegenzug die Online-Rechte an dem Text bekommen.

Aus Sicht von Herrn Sprang ist das vollkommen schlüssig, denn er setzt voraus, 
dass Verlage an ihrer im gedruckten Werk manifestierten Verlagsleistung Rechte 
besitzen.

Im Grunde geht es um diese Frage: Was ist das "Werk", an dem der Autor der 
Bibliothek die Nutzungsrechte einräumt? 

Der Text in der finalen Autoren-Fassung (Meinung Sprang) oder der Text in der 
publizierten Form (Meinung Steinhauer, Graf)? 

Anders gesprochen: Ist das, was der Verlag mit der Text des Autors tut und was 
sich in der konkret publizierten Form niederschlägt rechtserheblich? 

Ich meine: In der Regel "nein". 

Die Verlagsmitarbeiter werden nicht Miturheber mit der Folge, dass der Verlag 
neben dem Autor des Textes aufgrund des Arbeitsvertrages Nutzungsrechte an dem 
konkret publizierten Werk erwirbt. Ausnahmen sind denkbar, müssen aber 
dargelegt werden.

Das UrhG gibt dem Verlag für seine Tätigkeit kein Leistungsschutzrecht.

Diskussionswürdig ist aber ein ergänzender Leistungsschutz durch das 
Wettbewerbsrecht (Hier dürfte zwischen Herrn Sprang und mir Einvernehmen 
bestehen). Fraglich ist hier aber vieles:

- Liegt bei einer Publikation durch den Autor bzw. ein Repositiorium überhaupt 
eine Wettbewerbsbeziehung vor?

- Ist die Leistungsübernahme unlauter? Hier kommt es stark auf den Einzelfall 
ein. Bei älteren Aufsätzen aus gedruckten Zeitschriften, bei denen die Leistung 
des Verlages bereits amortisiert wurde, spricht im Grunde nichts gegen die 
Leistungsübernahme durch Einscannen.

- Ist neben dem UrhG, wo der Gesetzgeber ja einen Leistungsschutz der Verlage 
gerade nicht vorgesehen hat, das UWG für diese Fallgestaltung überhaupt 
anzuwenden?

Wie gesagt: Hier kommt es auf den Einzelfall ein. Es wäre sicher spannend, die 
Sache einmal genauer zu beleuchten. Weites Feld ...

Ob auch markenrechtliche Aspekte eine Rolle spielen, halte ich für sehr 
fraglich, will ich aber nicht völlig ausschließen.

Letztlich geht es um die rechtlich angemessene Erfassung dieses diffusen 
"etwas", das Verlage mit dem Autorentext zwischen Abgabe und Publikation 
anstellen und das im konkreten Einzelfall vom Miturheberrecht des Lektors (= 
Nutzungsrecht des Verlages) bis zum unerheblichen Nichts bei der bloßen 
Umformatierung reichen kann. 

Die Sache mit dem "Nichts" sieht Herr Sprang wahrscheinlich noch 
differenzierter. Aber da ist er in guter Gesellschaft. Der Diskurs über das 
"Nichts" gehört zur abendländischen Tradition und füllt ja bekanntlich 
Bibliotheken. :))

Steinhauer



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