-----Original Message-----
From: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx [mailto:inetbib-
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Sent: Friday, November 21, 2008 11:01 AM
To: Internet in Bibliotheken
Subject: RE: [InetBib] Europäische Digitale Bibliothek Europeana
Sehr geehrter Herr Gradmann,
vorneweg: Ich nenne sowas einen Power-Point-Launch! Da versammeln sich
andächtig 5 (oder 50 oder 500) Leute in einem Raum in Brüssel und
feiern die Eröffnung einiger Power-Point-Folien. Danach geht man zum
Tagesgeschäft über. Daß sich tatsächlich 3.000 Leute für eine echte
Webanwendung interessieren könnten, kommt dabei nicht mal in den Blick.
Es reicht ja, wenn Herr Barroso erklären kann:
"Mit Europeana kombinieren wir Europas Wettbewerbsvorsprung in den
Kommunikations- und Netztechnologien mit unserem reichen kulturellen
Erbe. Die Europäer haben nun schnell und einfach über ein einziges
Portal Zugang zu den riesigen Beständen unserer großartigen Sammlungen.
Europeana ist mehr als eine Bibliothek: sie inspiriert die Europäer des
21. Jahrhunderts dazu, der Kreativität ihrer innovativen Vorfahren
nachzueifern, wie es die treibenden Kräfte der Renaissance taten."
Nur leider: diese Europa hätte Zeus weder entführt noch geschwängert.
Aber gut. Kurz zu Ihren Punkten:
Furthermore, the technical building blocks used for this
implementation are not necessarily the ones we will retain for the
implementation of a second, operational implementation.
Damit kann man sich technisch immer auf der sicheren Seite fühlen:
"Nein, natürlich nicht. Das, was wir implementiert haben, ist nicht
das, was wir eigentlich später implementieren wollen." Meine Haltung
dazu: Traue keinem Entwickler, der sagt, daß seine Implementierung zwar
nicht der konzipierten Architektur entspricht, er diese aber immer in
seinem Kopf hatte für die nächste Version. Wer seine Vorstellungen
nicht in Code gegossen bekommt, sollte besser Papier benutzen und
Presseerklärungen schreiben.
b) ist die von Herrn Heiligenhaus rapportierte "Sammlung
pornographischen Materials" schlicht ein Teil der Europeana-
Kollektionen - nur eben ein etwas freizügigerer Teil mit etwas mehr
nackter Haut. Der Unterschied zwischen Nacktheit und Pornographie
dürfte aber wohl nicht erklärungsbedürftig sein (hoffe ich
zumindest!)
Das brauchen Sie mir sicherlich nicht erklären. Ich frage mich nur,
warum die mir gezeigte Seite _nichts_ anderes enthielt, als diverse
Links zu selbst so betiteltem pornographischen Material in Bild- und
Video-Form. Als Entwickler schien es mir so, daß das die Testcases
waren, an denen sich die Programmierer abgearbeitet haben. Das mag
jeder halten, wie er will. Ich hätte mir gewünscht, die Entwickler
hätten ein breiteres Spektrum unseres kulturellen Erbes im Blick
gehabt.
Der Start ist also erfolgt und gelungen: der Prototyp funktioniert
mit
allen bekannten und oben angesprochenen Einschränkungen. Getestet
wurde der Prototyp mit simulierten 500 (nicht 5, auch nicht 50!)
simultanen Benutzern - heute Vormittag aber waren es 3000 simultanen
Nutzer (bzw. um die 10 Millionen Anfragen pro Stunde!) Sehr
erfreulich - aber in dieser Dimension auch nicht abzusehen!
Bitte? Da kann man wirklich nur auf die Ausführungen von Herrn
Schindler verweisen: 3000 simultane Nutzer in der Stunde sind
sicherlich nicht von Pappe, aber müssen von einem System, das den
700.000.000 simultanen Bürgern Europas die versprochenen Erleuchtungen
bringen soll, schlichtweg zu stemmen sein. Was machen Sie denn, wenn
sich wirklich jemand dafür interessiert?
Die Premiere hat also stattgefunden und war erfolgreich.
Nein. Das war es aus meiner Sicht nicht. Und das ist auch keine
Premiere.
Beste Grüße,
Kay Heiligenhaus