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RE: [InetBib] Europäische Digitale Bibliothek Europeana



Sehr geehrter Herr Gradmann,

vorneweg: Ich nenne sowas einen Power-Point-Launch! Da versammeln sich 
andächtig 5 (oder 50 oder 500) Leute in einem Raum in Brüssel und feiern die 
Eröffnung einiger Power-Point-Folien. Danach geht man zum Tagesgeschäft über. 
Daß sich tatsächlich 3.000 Leute für eine echte Webanwendung interessieren 
könnten, kommt dabei nicht mal in den Blick. Es reicht ja, wenn Herr Barroso 
erklären kann:

"Mit Europeana kombinieren wir Europas Wettbewerbsvorsprung in den 
Kommunikations- und Netztechnologien mit unserem reichen kulturellen Erbe. Die 
Europäer haben nun schnell und einfach über ein einziges Portal Zugang zu den 
riesigen Beständen unserer großartigen Sammlungen. Europeana ist mehr als eine 
Bibliothek: sie inspiriert die Europäer des 21. Jahrhunderts dazu, der 
Kreativität ihrer innovativen Vorfahren nachzueifern, wie es die treibenden 
Kräfte der Renaissance taten." 

Nur leider: diese Europa hätte Zeus weder entführt noch geschwängert. Aber gut. 
Kurz zu Ihren Punkten:
 
Furthermore, the technical building blocks used for this
implementation are not necessarily the ones we will retain for the
implementation of a second, operational implementation.

Damit kann man sich technisch immer auf der sicheren Seite fühlen: "Nein, 
natürlich nicht. Das, was wir implementiert haben, ist nicht das, was wir 
eigentlich später implementieren wollen." Meine Haltung dazu: Traue keinem 
Entwickler, der sagt, daß seine Implementierung zwar nicht der konzipierten 
Architektur entspricht, er diese aber immer in seinem Kopf hatte für die 
nächste Version. Wer seine Vorstellungen nicht in Code gegossen bekommt, sollte 
besser Papier benutzen und Presseerklärungen schreiben.

b) ist die von Herrn Heiligenhaus rapportierte "Sammlung
pornographischen Materials" schlicht ein Teil der Europeana-
Kollektionen - nur eben ein etwas freizügigerer Teil mit etwas mehr
nackter Haut. Der Unterschied zwischen Nacktheit und Pornographie
dürfte aber wohl nicht erklärungsbedürftig sein (hoffe ich zumindest!)

Das brauchen Sie mir sicherlich nicht erklären. Ich frage mich nur, warum die 
mir gezeigte Seite _nichts_ anderes enthielt, als diverse Links zu selbst so 
betiteltem pornographischen Material in Bild- und Video-Form. Als Entwickler 
schien es mir so, daß das die Testcases waren, an denen sich die Programmierer 
abgearbeitet haben. Das mag jeder halten, wie er will. Ich hätte mir gewünscht, 
die Entwickler hätten ein breiteres Spektrum unseres kulturellen Erbes im Blick 
gehabt.

Der Start ist also erfolgt und gelungen: der Prototyp funktioniert mit
allen bekannten und oben angesprochenen Einschränkungen. Getestet
wurde der Prototyp mit simulierten 500 (nicht 5, auch nicht 50!)
simultanen Benutzern - heute Vormittag aber waren es 3000 simultanen
Nutzer (bzw. um  die 10 Millionen Anfragen pro Stunde!) Sehr
erfreulich - aber in dieser Dimension auch nicht abzusehen!

Bitte? Da kann man wirklich nur auf die Ausführungen von Herrn Schindler 
verweisen: 3000 simultane Nutzer in der Stunde sind sicherlich nicht von Pappe, 
aber müssen von einem System, das den 700.000.000 simultanen Bürgern Europas 
die versprochenen Erleuchtungen bringen soll, schlichtweg zu stemmen sein. Was 
machen Sie denn, wenn sich wirklich jemand dafür interessiert?

Die Premiere hat also stattgefunden und war erfolgreich. 

Nein. Das war es aus meiner Sicht nicht. Und das ist auch keine Premiere.

Beste Grüße,
Kay Heiligenhaus



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