Grundsaetzlich ist es aus Gruenden der wissenschaftlichen
Ueberpruefbarkeit geboten, dass alle wissenschaftlichen
Arbeiten im Internet ebenso dauerhaft zur Verfuegung stehen
wie gedruckte Publikationen. Dies ist bei der Auslegung
eines - nicht schriftlich fixierten - Einstellungsvertrags
und seiner Kuendigungsmoeglichkeiten zu beruecksichtigen.
Nicht selten liegen muendliche oder konkludent
abgeschlossene Rechtsgeschaefte vor, die
auslegungsbeduerftig sind. Siehe Schricker, UrhR § 31 Rz.
9f. Entscheidend ist der Vertragszweck, wobei die
Zweckuebertragungsregel meist fuer den Urheber streitet.
Ohne einen wichtigen Grund erscheint mir die Kuendigung
eines konkludent eingeraeumten Nutzungsrechtes nicht ohne
weiteres moeglich.
Trotzdem gilt:
Wer im Internet eine wissenschaftliche Arbeit zugaenglich
macht, sollte sich unbedingt in einem schriftlichen Vertrag
das Recht der dauerhaften Zugaenglichmachung einraeumen
lassen.
Die bei Hochschulschriftenservern ueblichen Vertraege, die
dem Autor den Rueckzug der Arbeit ermoeglichen, tragen den
grundlegenden Interessen der Wissenschaft nicht Rechnung.
Der Autor kann sich in Ausnahmefaellen auf sein Recht zum
Rueckruf wegen gewandelter Ueberzeugung (§ 42 UrhG) oder
auf sein Persoenlichkeitsrecht bzw. verletzte Rechte
Dritter berufen (wenn die Arbeit ein Plagiat ist,
Faelschungen enthaelt, strafrechtliche Beleidigungen usw.)
War die Veroeffentlichung von Anfang an rechtswidrig, wird
man in der Regel solche Zitate aus der Arbeit nicht
weiterverbreiten duerfen, die selbst Schoepfungshoehe
besitzen, was ich bei den Zitaten auf
http://www.zpid.de/index.php?wahl=news&uwahl=news117
bezweifle.
War die Veroeffentlichung rechtmaessig, wovon auszugehen
ist, besteht selbstverstaendlich kein Anspruch darauf, die
Spuren der Arbeit zu tilgen. Die Existenz der Arbeit, die
Tatsache ihrer Online-Veroeffentlichung, die
Internetadresse, Zitate aus der Arbeit duerfen nach wie vor
oeffentlich berichtet werden. Eine "Archivbereinigung" kann
generell nur in Ausnahmefaellen verlangt werden (z.B. bei
Rehabilitationsinteresse eines Straftaeters im
Presserecht).
Ausdruck und Einstellung der Arbeit in eine
Praesenzbibliothek halte ich fuer vereinbar mit § 53 UrhG,
was ich aber nicht ausfuehrlich begruenden moechte.
Wissenschaft beruht auf Ueberpruefbarkeit. Das muss auch im
Online-Bereich gelten, und es gilt, dreisten
Zensur-Versuchen von Autoren entgegenzutreten.
Klaus Graf