[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: [InetBib] Offene Fragen zum neuen Urheberrecht



Lieber Herr Heckmann, 

herzlichen Dank für Ihre Stellungnahme, die zur Klärung beiträgt. Aus ihren
Ausführungen über die Möglichkeit der Umgehung des Ausschlusses des
Widerspruchsrechts des Urhebers in bestimmten Fällen durch Einräumen der
ausschließlichen Nutzungsrechte an einen Dritten, womit es dann keiner Erklärung
eines Widerspruchs zur Verhinderung einer Nutzung mehr bedürfe (Ihr Aufsatz in
ZFBB H. 6/2007, S. 320) war nämlich für mich nicht zu entnehmen, dass diese
Möglichkeit nur vor Inkrafttreten des Gesetzes besteht. 

Berger (GRUR 2005, 909 ff., 911) nimmt an, dass mit § 137l für Altwerke das
Nutzungsrecht als eine gesetzliche Lizenz zum Inkrafttreten des Gesetzes, also
am 1.1.2008 entsteht, die Lizenz entfällt erst mit dem Zugang des Widerspruchs. 

Im Gesetz selbst steht: Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für zwischenzeitlich
bekannt gewordene Nutzungsrechte, die der Urheber bereits einem Dritten
eingeräumt hat. 

In Bezug auf Satz 3 (Widerspruchsrecht nach Ablauf von 3 Monaten bei zum
1.1.2008 noch nicht als bekannten vorauszusetzenden Nutzungsarten) bedeutet es
wohl "von Vertragsschluss bis zur Mitteilung über die beabsichtigte Aufnahme der
Nutzung". In Bezug auf Satz 2 (zum 1.1.2008 bekannte Nutzungsarten) liegt in der
Tat die Vermutung nahe, dass es bedeutet, "von Vertragsschluss bis zum
Inkrafttreten des Gesetzes". 

Unter der Voraussetzung, dass die Übertragungsfiktion ausschließliche und nicht
bloß einfache Nutzungs-
rechte impliziert, scheint es schlüssig, dass nur die Möglichkeit einer
Rechteübertragung an Dritte *nach* Widerspruch gegenüber dem Verlag bleibt, etwa
in der von Ihnen in ZfBB Heft 6/2007 vorgeschlagenen Form.

Warum aber schreibt der Börsenverein in seiner juristisch sicher sorgfältig
geprüften "Handreichung" (vgl. http://archiv.twoday.net/stories/4552355/ ), die
mir in vielen Punkten die Auffassungen von Berger in seinem oben zitierten
Aufsatz widerzuspiegeln scheint) in Frage C.3 

"Kann ein Autor die Nutzung seines "Archivwerks" auf eine neue Nutzungsart durch
seinen Verlag verhindern" wird die Möglichkeit der Rechteübertragung
ausdrücklich erwähnt:

"Dafür hat er grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

- Er kann der Nutzung seines Werkes durch seinen Verlag widersprechen, und zwar
entweder bezogen auf eine konkrete Nutzungsart (z.B. Internetnutzung) oder auf
alle nach Vertragsschluss bekannt gewordenen und zukünftig bekannt werdenden
Nutzungsarten. Bezüglich aller am 1.1.2008 bekannten Nutzungsarten muss dieser
Widerspruch bis zum 31.12.2008 erfolgen. Handelt es sich bei dem Werk um einen
Beitrag zu einem Sammelwerk, kann der Urheber sein Widerspruchsrecht nicht wider
Treu und glauben ausüben.

- Er kann einem Dritten die ausschließlichen Rechte an einer oder allen neuen
Nutzungsarten seines Werkes übertragen, solange sein Verlag die entsprechenden
Nutzungen noch nicht aufgrund der neuen Gesetzeslage aufgenommen hat. (Der
Dritte darf das Werk allerdings nicht in der Form nutzen, in der der Verlag es
veröffentlicht hat, vgl. oben B Frage 8)."

Aufnehmen können die Verlage die entsprechenden Nutzungen aufgrund der neuen
Gesetzeslage aber erst ab dem 1.1.2008. Der Börsenverein scheint davon
auszugehen, dass eine wirksame Rechteübertragung möglich ist, solange sein
Verlag die entsprechenden Nutzungen noch nicht aufgrund der neuen Gesetzeslage
aufgenommen hat. Ist der Börsenverein der Auffassung, dass die
Übertragungsfiktion erst wirksam wird, wenn der Verlag die gesetzlich
entstandene Lizenz auch ausübt?

Vielleicht liest Herr Sprang ja mit und kann sich dazu äußern.

Herzliche Grüße und besten Dank im voraus,
Bernd-Christoph Kämper, UB Stuttgart

----- Ursprüngliche Nachricht -----
Von: "Jörn Heckmann" <joern.heckmann@xxxxxx>
Datum: Samstag, Januar 5, 2008 11:23 am
Betreff: Re: [InetBib] Offene Fragen zum neuen Urheberrecht

Sehr geehrte Damen und Herren,
aufgrund einiger Rückfragen eine kleine Ergänzung zu meinen Folien 
zur 1. Konstanzer OA-Tagung:

* Eine Rechteübertragung OHNE Ausübung des Widerrufrechts ist nach 
meiner Auffassung nur bis zum 1.01.2008 zulässig gewesen. Hierfür 
spricht insbesondere  (wie Herr Dr. Steinhauer in Konstanz richtig 
angemerkt hat) der Wortlaut der Regelung.

* Die von mir angesprochene (und von Herrn Dr. Graf zitierte) 
Möglichkeit einer Nutzungsrechtseinräumung bis zum 1.1.2009 an ein 
Repository betrifft hingegen nur den Fall, daß der Urheber 
zuvor/zugleich auch das Widerrufrecht gegenüber dem Inhaber aller 
wesentlichen Nutzungsrechte ausgeübt hat.

Darüber hinaus hat sich in den Folien ein kleiner Fehler 
eingeschlichen. Auf Folie 7 heißt es gegenwärtig noch:
"Die Saetze 1 bis 4 gelten nicht..." Richtigerweise muß es 
natürlich heißen "Die Saetze 1 bis 3 gelten nicht..." Ich bitte 
dies zu entschuldigen...

Jörn Heckmann

-- 
Der GMX SmartSurfer hilft bis zu 70% Ihrer Onlinekosten zu sparen! 
Ideal für Modem und ISDN: http://www.gmx.net/de/go/smartsurfer





Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.