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[InetBib] Google Buchsuche
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
am 9. Oktober 2007 hat Jens Redmer, Direktor Google Buchsuche, Europa,
Naher Osten und Anfrika Google Inc. auf dem von der Firma BOND
veranstalteten Bibliotheksleitertag in Frankfurt einen Vortrag gehalten zur
Google Buchsuche unter dem Thema "Wer hat Angst vor der
Digitalisierung?"
Es wundert mich, dass dieses Referat hier in INETBIB noch nicht
angesprochen worden ist. Denn alltäglich ist es nicht, dass Google sich
öffentlich präsentiert. Ich möchte versuchen, die Lücke ein wenig zu
schliessen.
Ich hatte leider selber keine Gelegenheit, in Frankfurt dabei zu sein. Eine
Kollegin hat mir aber dankenswerter Weise eine im Februar
herausgegebene Broschüre von Google Buchsuche mitgebracht, verfasst
von Jens Redmer, die im wesentlichen den Inhalt des Referates
widerspiegeln dürfte oder sogar eine direkte schriftliche Fassung des
Vortrages ist, wenn ich den knappen Bericht einer Kollegin, die bei der
Veranstaltung dabei war, richtig deute.
Wie auch immer - die Vorträge sollen in Kürze unter
www.bibliotheksleitertag.de veröffentlicht werden.
Die Broschüre richtet sich - wie anläßlich der Buchmesse nicht anders zu
erwarten - in erster Linie an die Verlage und präsentiert Google Buchsuche
als hervorragendes und kostenloses Werbemittel ("Die Ergebnisse der
einjährigen Teilnahme von Brill bei Google Buchsuche sind aus
strategischer Sicht fantastisch und haben unsere Erwartungen bei weitem
übertroffen." Dr. Matthias Wahls, Business Development Manager,
Brill)("Millionen von Menschen suchen täglich mit Google, und wir können
sie zu Buchkäufern machen.")
Im Kapitel 3 "Nutzen" wird der Wert von Google Buchsuche in erster Linie
herausgestellt für:
- Autoren, weil Google Buchsuche es mehr Menschen leichter macht, ihr
Werk zu entdecken;
- Verlage, weil sie leichter ein breiteres Publikum und mehr Leser und
Käufer erreichen können;
- Buchhändler, weil Leser in die Buchläden geführt werden, in denen sie
Bücher kaufen können [Dass Google Buchsuche Nutzer ausschliesslich zu
Online-Buchhändlern weiterleitet, wird nicht präzisiert]
- Leser, weil sie jedes Buch im Google Index finden und in Auszügen
einsehen können und leichter feststellen können, wo sie es kaufen oder in
welcher Bibliothek sie es ausleihen können [Diese Aussage bezieht sich
natürlich nur auf urheberrechtlich geschützte Werke, die Google nicht
komplett anzeigen kann. Für alle anderen braucht niemand mehr in eine
Buchhandlung oder eine Bibliothek zu gehen. - Und nach neuem
Urheberrecht sind künftig die Verlage die einzige erfolgversprechende,
wenn auch teuere Adresse für neue urheberrechtlich geschützte Online-
Dokumente. Auch hier werden Buchhandlung und Bibliothek nicht mehr
gebraucht werden.]
Bibliotheken werden in dieser Aufzählung bezeichnender Weise nicht
explizit erwähnt.
Dabei wird an anderer Stelle der Wert der Teilnahme am Google
Buchsuche Bibliotheksprogramm deutlich heraus gestellt: Große
Bibliotheken werden in die Lage versetzt, ihre Bestände nicht mehr nur
einem begrenzten Nutzerkreis, sondern einem unbegrenzten zur Verfügung
zu stellen. "In nicht allzu ferner Zukunft können die außergewöhnlichen
Sammlungen einiger[!] der größten Bibliotheken der Welt von jedermann
mit einem Internetanschluss über einen umfassenden virtuellen
Kartenkatalog durchsucht werden, unabhängig davon, wo auf der Welt man
sich befindet."
Die Frage, ob man dann diese Bibliotheken und erst recht die vielen kleinen
Bibliotheken noch brauchen wird, wenn die älteren Bücher über das sog.
Bibliotheks-Programm und die neuen über das sog. Partner-Programm
über die Google Buchsuche für die ganze Welt zugänglich sind, wird in der
Broschüre nicht erörtert.
Überhaupt wird, was den aktuellen Zugang zu Büchern angeht, ein
durchaus fragwürdiges Bild gezeichnet: "Viele Bücher kann man nur finden,
wenn man die Regale der Bibliotheken manuell durchsucht."
Die Broschüre enthält kein einziges Wort über die bereits existierenden
Instrumente zur (Nicht-Google-)Buchsuche.
Ein wenig Beklommenheit kam bei mir auf, als ich ein in der Broschüre
abgedrucktes Zitat von Mary Sue Coleman, Präsidentin der Universität von
Michigan, las: "Dies ist ein rechtmäßiges, ethisches und edles Unterfangen,
das unsere Gesellschaft verändern wird... die Erhaltung und der Schutz von
Wissen sind zum Nutzen der Menschheit lebensnotwendig."
Wer vor so viel rechtfertigendem Pathos nicht erschauert ...
Mit freundlichen Gruessen aus der mit dem (Sprach-)Klimawandel
endenden Steinzeit
Armin Stephan
Augustana-Hochschule / Bibliothek
D-91564 Neuendettelsau
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Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.