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Re: [InetBib] UrhG - Autorenunterstützung - Verlagsadressdatenbank gesucht zum Widerspruch gegen unbekannte Nutzungsarten §137 l
- Date: Thu, 05 Jul 2007 01:33:20 +0200
- From: christian.sprang@xxxxxx
- Subject: Re: [InetBib] UrhG - Autorenunterstützung - Verlagsadressdatenbank gesucht zum Widerspruch gegen unbekannte Nutzungsarten §137 l
Lieber Herr Meier,
leider kenne ich das von Ihnen erwähnte Schreiben der DFG nicht. Jedenfalls
aber scheinen Sie bzw. Ihre Einrichtung über die Folgen des § 137 l UrhG-E nur
diffuse Vorstellungen zu haben.
Zunächst einmal geht es in dieser Vorschrift nicht um die „rückwirkende
Abtretung der Urheberrechte an den im Zeitraum 1966 bis 1995 noch unbekannten
Nutzungsarten“. Vielmehr geht es in dieser Norm um Verträge, die ein Autor mit
einem Verwerter zwischen dem Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes (im Jahre
1966) und dem Inkrafttreten der jetzigen Novelle (voraussichtlich im Oktober
dieses Jahres) geschlossen hat, und in denen der Autor dem Verwerter „alle
wesentlichen Rechte“ an seinem Werk zur „ausschließlichen“ Nutzung übertragen
hat. Ist in einem solchen Fall eine bestimmte Nutzungsart des Werks bei
Vertragsschluss noch unbekannt gewesen, die inzwischen bekannt geworden ist
(z.B. weil sie ursprünglich technisch noch nicht existierte), hat der Verwerter
ohne einen erneuten Vertrag mit dem Autor nicht die Befugnis, das Werk auch auf
diese Weise zu nutzen. Ursache dafür ist die Vorschrift des § 31 Abs. 4 des
geltenden Urheberrechtsgesetzes. Mit dieser soll
te der Urheber davor geschützt werden, sich Rechten an Nutzungsarten seines
Werks zu begeben, die er bei Vertragsschluss gar nicht kennt und deren Ausmaß
er daher gar nicht überschauen kann.
Diese Regelung des § 31 Abs. 4 UrhG hat sich durchgängig, insbesondere aber im
Fall der – seit dem Jahr 1995 als bekannt geltenden – online-Nutzungsrechte
nicht bewährt. Sie hat nämlich dazu geführt, dass die meisten Werke gar nicht
erst in Nutzungsformen zugänglich gemacht worden sind, die erst nach
Vertragsschluss bekannt wurden. Der Verwerter kann dies nicht besorgen, weil er
die entsprechenden Rechte nicht hat. Der Aufwand, diese Rechte nachzuerwerben,
ist für ihn in den meisten Fällen zu groß, weil er zu vielen Berechtigten
gegenübersteht (Mehrautorenwerke wie Filme, Hörspiele, Zeitschriften,
Festschriften, Lexika etc. / schwer lokalisierbare Erbengemeinschaften nach Tod
des Autors) und/oder die potentiellen Erträge aus der neuen Nutzungsform keinen
Lizenzierungsaufwand rechtfertigen. Der Autor kann dies nicht besorgen, weil er
es nicht will (deswegen hat er ja mit einem Verwerter kontrahiert) oder gar
nicht kann, weil er nicht der alleinige Werkberechtig
te ist.
Dieses Dilemma hat dazu geführt, dass nur ein Bruchteil der unter dem deutschen
Urheberrechtsregime entstandenen Werke heute online zugänglich sind. Das ist
nicht nur für den „Verbraucher“ kultureller Werke, sondern gerade auch für die
Wissenschaft ein massives Problem. Während Werke, die z.B. unter dem
angloamerikanischen Copyrightsystem geschaffen wurden oder werden, sofort für
neue Nutzungsarten und Vermittlungswege zur Verfügung stehen, ist „unser“
Kulturgut bisher oft blockiert. Vor diesem Hintergrund ist der Versuch des
Gesetzgebers zu verstehen, mit dem § 137 l UrhG-E diese Blockade rückwirkend so
gut es geht wieder zu beseitigen
Von Zeitschriftenartikeln, auf die Sie offensichtlich abzielen, handelt § 137 l
UrhG-E (leider!) nicht. Bei diesen fehlt es nämlich in der weit überwiegenden
Zahl der Fälle bereits an der Tatbestandsvoraussetzung, dass der Autor dem
Verlag alle wesentlichen Rechte zur ausschließlichen Nutzung übertragen hat.
Bei den wenigsten Wissenschaftszeitschriften wurden über die einzelnen Beiträge
Verlagsverträge mit umfassenden Nutzungsrechtskatalogen abgeschlossen. Wenn
nichts Gegenteiliges vereinbart wird, verliert der Verlag zudem aufgrund
gesetzlicher Regelung ein Jahr nach der Zeitschriftenveröffentlichung eines
Artikels sein Ausschließlichkeitsrecht.
Deswegen sollte Ihre Einrichtung – evtl. auch die DFG, wenn es wirklich von
dieser ausgeht - den von Ihnen im Hinblick auf § 137 l UrhG-E eifrig verfolgten
Unterstützungsauftrag noch einmal grundsätzlich hinterfragen. Wenn wir uns im
Ziel einig sind, dass es darum gehen muss, wissenschaftliche Veröffentlichungen
der Vergangenheit möglichst schnell und möglichst gut aufbereitet online
zugänglich zu machen (z.B. unter www.nationallizenzen.de oder - bei
entsprechender institutioneller Finanzierung - komplett open access), dann sind
Sie auf dem falschen Weg. Wissenschaftliche Autoren können nämlich mit
isolierten online-Rechten an älteren Zeitschriftenveröffentlichungen nicht viel
anfangen, weil die öffentliche Zugänglichmachung einer zitierfähigen Version
regelmäßig nicht ohne die Nutzung von Rechten möglich ist, die beim Verlag
liegen.
Übrigens gilt dasselbe im Buchbereich, auf den § 137 l UrhG-E eher Anwendung
findet. Auch hier führt ein Widerruf der unbekannten Nutzungsarten hinsichtlich
wissenschaftlicher Monographien den Urheber ins Nirwana. Während der Verlag den
entsprechenden Titel nicht einmal mehr für die online-Volltextsuche erschließen
kann, steht der Autor als König-ohne-Land da, weil er die gedruckte Fassung
nicht veröffentlichen darf, seine ursprüngliche Manuskriptfassung aber (wenn
sie ihm bei Werken vor 1995 überhaupt noch vorliegt) wohl eher nicht gegen die
spätere gedruckte Fassung stellen will. (Vom dritten Forscher, der auf zwei
konkurrierende, voneinander abweichende Werkfassungen stößt – eine
zitierfähige, aber schwerer zugängliche Print- und eine leicht zugängliche,
aber nicht zitierfähige online-Version -, wollen wir gar nicht erst reden…)
Kurzum: Über § 137 l UrhG-E muss man sich nicht deshalb aufregen, weil die Norm
Probleme mit älteren Zeitschriften- und Festschriftenbeiträgen schafft, sondern
weil sie die bestehenden, gravierenden Probleme in diesem Bereich nicht löst.
Gefragt ist nicht der untaugliche Versuch des Widerrufs von Rechten gegenüber
Verlagen aus dumpfem Unmut heraus, sondern die Zusammenarbeit von
Forschungs(förderungs)einrichtungen, Bibliotheken, Verlagen und
Verwertungsgesellschaften (die den Anspruch des Autors auf angemessene
Vergütung sichern, wenn der Verlag nach § 137 l UrhG-E von einer ursprünglich
unbekannten Nutzungsart Gebrauch macht) auf das Ziel hin, ältere Jahrgänge
deutschsprachiger Zeitschriften in hochwertigen online-Versionen zugänglich zu
machen. DigiZeitschriften hat hier den Anfang gemacht. Die gemeinsamen
Anstrengungen müssen aber noch vervielfacht werden, wenn die in Deutschland
verlegten – und damit nicht zuletzt auch die deutschsprachigen - Wissenschafts
zeitschriften im internationalen Wettbewerb nicht noch weiter zurückfallen
sollen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Sprang
Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.
RA und Mediator Dr. phil. Christian Sprang
Justiziar
Großer Hirschgraben 17 - 21
60311 Frankfurt/Main
Tel. 069/1306-313
Fax 069/1306-301
e-Mail: sprang@xxxxxxx
Website: www.boersenverein.de
-------- Original-Nachricht --------
Datum: Wed, 4 Jul 2007 09:18:52 +0200
Von: Joachim.Meier@xxxxxx
An: inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff: [InetBib] UrhG - Autorenunterstützung - Verlagsadressdatenbank gesucht
zum Widerspruch gegen unbekannte Nutzungsarten §137 l
Liebe Listenmitglieder,
wir haben von der DFG ein Schreiben aus Anlass der Novellierung des UrhG
erhalten.
Der Ausschuss für wissenschaftliche Literaturversorgungs- und
Informationssysteme (AWBI) der DFG informiert darin
u.a. über die Folgen des § 137 l UrhG-E (Ausschluss unbekannter
Nutzungsarten).
Als Hilfestellung für Autoren wird in dem Schreiben auf einen Musterbrief
der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGP)
hingewiesen ( http://www.dgps.de/dgps/kommissionen/iuk/005.php).
Mit diesem Musterbrief könnten Autoren bei Verlagen Widerspruch gegen die
rückwirkende Abtretung der Urheberrechte
an den im Zeitraum 1966 bis 1995 noch unbekannten Nutzungsarten einlegen.
Da es derzeit so aussieht, als ob die UrhG-Novelle in der zuletzt
bekannten Form
als Gesetz im "Eilverfahren" verabschiedet wird, hat unsere Bibliothek den
Auftrag erhalten,
die hausinternen Autoren in ihren Widerspruchsverfahren zu unterstützen.
Diese Unterstützung sollte so aussehen, dass wir die Anschriften der
Verlage
zusammenstellen, bei denen unsere Autoren von 1966 bis 1995
veröffentlicht
haben.
Da im Fall der Fälle nicht nur wir, sondern alle deutschen Einrichtungen,
aus denen heraus
publiziert wurde, dieses Problem haben, frage ich die Listenmitglieder,
ob Ihnen ein (möglichst kostenfrei zugängliches) Verzeichnis
der für rechtlichen Schriftverkehr zuständigen Verlagsadressen bekannt
ist.
Es geht dabei nur um deutsche Verlage, Verlage mit (Teil-)Sitz in
Deutschland und
Rechtsnachfolger von deutschen Verlagen (seit 1966).
Erschwerend kommt hinzu, dass bei großen Verlagen mehrere
Redaktionsadressen
gültig sein können. Da der Autor für jede seiner bei verschiedensten
Verlagen und in
unterschiedlichen Zeitschriften veröffentlichten Artikel Widerspruch
einlegen kann,
steht er vor einem Problem: Für welche seiner Veröffentlichungen muss er
seinen Widerspruch
an welche (Verlags-/Redaktions-)Adresse senden?
Es wäre für Autoren eine sehr große Hilfe, wenn er/sie in einer
kostenfrei
zugänglichen Datenbank
die gültige Adressangabe der jeweils für eine bestimmte seiner
Veröffentlichungen zuständigen
Redaktion recherchieren könnte (nur der Verlagsname und -Ort genügt
nicht!). Auch der derzeitige Rechteinhaber
einer endgültig eingestellten Zeitschrift sollte ermittelt werden
können.
Vielleicht können die Kolleginnen und Kollegen aus den deutschen
bibliothekarischen Einrichtungen mit zentralen
Dienstleistungsaufgaben (DDB, Verbünde, ..) hier wertvolle Hinweise
geben.
Autoren werden diese Hilfe sicher zu schätzen wissen.
Gruß
Joachim Meier
____________________________________________________
Dr.-Ing. Joachim E. Meier
Referatsleiter Q.11, Wissenschaftliche Bibliotheken
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) (http://www.ptb.de)
PF 3345 Tel. +49-531-592-8131
38023 Braunschweig Fax. +49-531-592-8137
GERMANY E-mail: Joachim.Meier@xxxxxx
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Dr. Christian Sprang
Prinz-Nikolas-Str. 25 b
65193 Wiesbaden
Tel. ++49 (0)611 44 04 01
Fax ++49 (0)12 12 0 24 68 74
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.