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Re: Re: [InetBib] Eichstätt-Diskussion
Ja Karl,
da liegst Du allerdings völlig falsch. Du kannst nicht alle Eichstätter
Provenienzen wahllos in einen Topf werfen. Wer sich ein bißchen mit
den Bibliotheken der Kapuziner und der Geschichte dieses Bettelordens
beschäftigt hat, weiß, daß ein "hervorragender, äußerst dekorativer
Meistereinband der Zeit", reich vergoldet etc. nun wirklich das letzte ist,
was man in einer Kapuzinerbibliothek vermuten würde. Wenn es anders
wäre, die Bestände wären vermutlich weniger gefährdet. Die Kapuziner-
bände sind schlicht, oft Pappbände, überhaupt nicht mit denen der
Benediktiner- und Augustiner-Chorherrn vergleichbar. Ausnahmen be-
stätigen die Regel. Hermann-Josef Schmalor etwa schreibt über die
Paderborner Verhältnisse ( http://www.eab-paderborn.de/ixeinf.htm#ibc ):
"Als Bettelorden legten die Kapuziner nicht so sehr Wert auf eine
kostbare Aufmachung der Bücher, sie sollten lediglich Gebrauchsbücher
sein und keinerlei repräsentative Funktion haben. Die Bücher, die man
selbst kaufte, bekamen einen einfachen und schlichten Einband,
Geschenke oder Nachlässe nahm man so, wie sie waren, in die
Bibliothek. Den Grundstock der Paderborner Kapuzinerbibliothek dürfte
eine Schenkung des Jodocus Candidus von 1614/1616 gebildet haben.
Der Inkunabelbesitz jedenfalls ist wohl fast ausschließlich auf
Schenkungen zurückzuführen. In der einen Hälfte der noch erhaltenen
gut dreißig Inkunabeln sind noch Vorbesitzervermerke zu finden, auch
die anderen sind zum Teil nicht gezielt von den Kapuzinern angekauft
worden, was Ausstattung und Einband vermuten lassen. Zum Beispiel
finden sich im Kapuzinerbestand die Briefe des heiligen Hieronymus
mit einem großartigen Lederschnitteinband und mehreren sehr kunstvoll
gestalteten Initialen. Auch die Glossa magistralis in Psalmos des
Petrus Lombardus mit der König-David-Miniatur und einem im Kloster
Böddeken um 1500 entstandenen Einband war in den Besitz der
Kapuziner gelangt. Für eine geschenkweise Erwerbungsart spricht auch
die inhaltliche Ausrichtung der heute noch vorhandenen Inkunabeln, die
keine besondere Ausprägung in eine fachliche Richtung hinein erkennen
lassen. Es ist fast alles vertreten, natürlich überwiegend Theologie in
ihrer ganzen Breite, daneben viel weltliches Recht und einige
Klassikertexte (Cicero). Genaueren Aufschluß über die gesamten
Inkunabelbestände könnte eine Analyse des Katalogs der Bibliothek
ergeben, der im Archiv der Rheinischen Kapuzinerprovinz in
Ehrenbreitstein liegt. Eine Liste von Bücher, die "aus der Capuc-Bibl.
gewählt" wurden, vermutlich zur Einstellung in die Theodoriana, enthält
auch 14 Inkunabeln, von denen jedoch nur drei heute noch eindeutig zu
identifizieren sind, darunter auch die oben schon genannten Briefe des
Hieronymus mit dem Lederschnitt. Insgesamt ist der Erhaltungszustand
der Bettelordensbibliotheken besonders schlecht. Zu vermuten ist, daß
auch von den Kapuziner-Büchern nur die wertvolleren erhalten geblieben
sind, wie man am vorhandenen Bestand in der Theodoriana noch
nachvollziehen kann. Das sind aber sicher nicht die für eine
Kapuzinerbibliothek typischen Werke. Diese sind in der Regel
verschwunden und nach der endgültigen Aufhebung 1834 erst gar nicht
mit in die Theodoriana überführt worden. Einige wenige Bände sind
auch noch im Kloster verblieben und in den Besitz des Knabenseminars
übergegangen, darunter auch zwei Inkunabeln, die sich heute ebenfalls
in der EAB befinden." (Zitat Ende)
Der hier genannte Band stammte aus der Aulica Eystettensis, der
fürstbischöflichen Hofbibliothek, also weder aus dem Kapuzinerkloster
Eichstätt noch aus sonst einem Kapuzinerkloster Bayerns. Die Hof-
bibliothek wurde lt. Handbuch der historischen Buchbestände 1806
zum Kern und Depot der in Eichstätt zusammengefassten Säkularisations-
bibliotheken. Ei Teil der alten Hofbibliotheksbestände ist damals verkauft
worden.
Mit besten Grüßen,
Bernd-Christoph Kämper, UB Stuttgart
----- Ursprüngliche Nachricht -----
Von: Karl Dietz <karl.dz@xxxxxxxxx>
Datum: Donnerstag, März 22, 2007 5:18 pm
Betreff: Re: Re: [InetBib] Eichstätt-Diskussion
On 3/22/07, Mario Kowalak <kowalak@xxxxxxxxxxxxxxx> wrote:
Zurueckhaltung (zumindest sofern keine neuen Fakten aufgetaucht
sind)?
Also ein ca. 3.600 Euro buch aus eichstätt via zvab.com ist doch
ein fakt.
Falls ich da flasch liege, lass ich mich da gerne korrigieren.
--
Viele Gruesse, Karl Dietz
http://wiki.aki-stuttgart.de
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.