Re: [InetBib] Ein warmer Regen an Fördergeldern ...

[Jakob Voss <jakob.voss@xxxxxx>]

Martin Steinmetz schrieb:

> derzeit scheint sich ein warmer Regen an Fördergeldern auf die 
> IT-Industrie zu ergießen:
>
> 400 Mio. Euro für die neue Suchmaschine Theseus (ehemals Quaero)
> (siehe http://www.heise.de/newsticker/meldung/82708 )
>
> 1,2 Milliarden werden via IT-Gipfel der IT-Industrie versprochen
> (siehe http://www.heise.de/newsticker/meldung/82676 )
>
> Ist jemandem bekannt, ob z.B. die Deutsche Nationalbibliothek wenigstens 
> am Rande ein "Wörtchen" mitreden darf oder gar an Projekten mitwirken 
> darf? Oder versickern hier hunderte von Millionen via PPP ergebnislos in 
> obskuren Kanälen???

Wie ich in meinem (zugegeben etwas polemischen) Beitrag im IB Weblog
unter http://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=4822 bemerkt habe, ist wohl eher
letzteres der Fall. Ich vermute als Grund für die Trennung zwischen
Deutschland und Frankreich, dass man sich nicht einigen konnte, wieviel
französische Großkonzerne und wieviel Bertelsmann vom Kuchen abbekommt.

Ob die Deutsche Nationalbibliothek grundsätzlich mehr erreichen könnte,
wage ich bei aller Zuversichtlichkeit allerdings zu bezweifeln: Das
liegt in der Natur von Großprojekten, bei denen Innovation durch
Hierarchien und dem Gerangel um Mittel eher verhindert wird. Ich
erinnere nur an Vascoda, das ja trotz (oder wegen?) umfangreicher
Fördergelder bei nüchterner Betrachtung auch nicht so der große Wurf
ist. Es ist kein Zufall, dass die großen erfolgreichen Internetprojekte
wie Google und Wikipedia nicht auf großen Plänen sondern auf einfachen
Ideen beruhen und mit der Zeit gewachsen sind.

Natürlich ist es schade, dass die Millionen nicht in das Deutsche
Bibliothekswesen gehen, aber die grundsätzlichen Herausforderungen sind
nicht durch mehr Geld zu bewältigen sondern durch Offenheit,
Flexibilität und Kooperation - bereits jetzt ist mit vorhandenen
Technologien auch im Bibliothekswesen weit mehr zu erreichen, als bei
Theseus jemals rauskommen wird, da gehe ich jede Wette ein. Und trotz
aller Klagen über verkrustete Strukturen und Rückständigkeit sieht es ja
so schlecht nicht aus - ich staune immer wieder, was die Kollegen beim
netbib-Weblog für neue Ideen ausgraben - es müssen halt nur regelmäßig
die kleinen Innovationen in der Praxis ausprobiert werden, anstatt mit
dem großen Projekt auf einen Durchbruch zu warten.

Schöne Grüße,
Jakob Voß