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Re: [InetBib] Digitalisierung



Digitalisierung hin, Konservierung auf Papier her, meines Erachtens hängt das 
Überleben eines Dokumentes, Buches am Ende und über einen sehr langen Zeitraum 
doch davon ab, ob es noch ein Interesse, eine Wertschätzung, eine Nachfrage, 
einen Bedarf gibt.  Wenn keiner mehr Goethe liest, wenn man den Inhalt einer 
Zeitschrift nicht mehr nachvollziehen kann, wenn Autoren radikal abgelehnt 
werden, weil sie den Wertvorstellungen nicht mehr entsprechen, dann bleiben 
diese Bücher/Autoren wahrscheinlich noch eine längere Zeit in den Regalen, 
Vitrinen oder gar Festplatten, aber ihre Existenz hängt an einem seidenen 
Faden. 
Das gesamte antike Schrifttum ist ein schlagender Beweis dafür, wie 
"Weltuntergangsszenarien", Kulturbrüche, Mentalitätsänderungen etc. etc für die 
Lücken gesorgt haben, mit denen wir heute bedauerlicherweise leben müssen. 

Nur das, was in den Köpfen einiger oder vieler Leute bleibt, 
überlebt...zumindest die nächsten 1000 Jahre ;-)

Gruß aus Brüssel
Ulrich Hüschen  

-----Original Message-----
From: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx 
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] On Behalf Of Patrick Sahle
Sent: 31 July 2006 09:26
To: Internet in Bibliotheken
Subject: Re: [InetBib] Digitalisierung


Ich denke, wir sollten einfach zwei Dinge auseinanderhalten:

ALS INFORMATIONSRESSOURCE gehören gedruckte Bücher digitalisiert um sie in 
unserer sich entwickelnden medialen Gesamtkonfiguration (und die ist nun 
mal digital) besser benutzbar zu machen.

Das ist allerdings ein (erwünschter) Abstraktionsprozess, der gleichzeitig 
den MUSEALEN  und OBJEKT-CHARAKTER des Buches (das Buch als historisiertes 
Medium) stärker hervortreten lässt. Digitalisierung ist die Anwendung eines 
Wahrnehmungsfilters. Digitalisierung wird niemals ALLE Informationen einer 
Vorlage repräsentieren können. Deshalb, wegen des musealen und 
Objektcharakters des Buches und wegen der in Double-Fold eindrücklich 
dargelegten Gefahren an Informationsverlusten, die bei der Vernichtung der 
Originale entstehen, sind die physischen Vorlagen auf jeden Fall zu bewahren.

Über Dubletten wird man streiten können, aber spätestens wenn das letzte 
Exemplar eines Buches oder einer Zeitschrift vernichtet werden sollte, hat 
man es nicht nur mit einem Verlust an (physischem und musealem) Kulturgut 
zu tun, sondern prospektiv auch mit Informationsverlusten.

Man wird in Zukunft u.U. anders digitalisieren (einen anderen 
Wahrnehmungsfilter anwenden) als heute. Dafür wird man die Originale ev. 
noch einmal brauchen. Es ist im Grunde eine ähnliche Situation wie in der 
Archäologie, in der man inzwischen so weit gekommen ist nur noch in 
Notfällen (aus) zu graben, weil man weiß, dass eine zukünftige Grabung 
besser sein wird als eine heutige. Digitalisierung kann man zum Glück 
mehrmals machen (wenn es denn nötig sein sollte). Deshalb scheint es mir 
keine Frage: digitalisieren ja, bewahren aber auch auf jeden Fall!

Beste Grüße, Patrick Sahle



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