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[InetBib] Reaktion auf Bundesrat zur Urheberrechtsnovellierung
- Date: Fri, 19 May 2006 17:36:12 +0200
- From: Rainer Kuhlen <rk_iw@xxxxxx>
- Subject: [InetBib] Reaktion auf Bundesrat zur Urheberrechtsnovellierung
Vorab gebe ich der Liste die als Reaktion auf den heutigen
Bundesratsbeschluss zur Urheberrechtsnovellierung verfasste
Presseerklärung des Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und
Wissenschaft" bekannt. Weiteres dazu
unter:http://www.urheberrechtsbuendnis.de/links.html.de.
Presseerklärung 19.05.2006
*Das Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" begrüßt
die Bundesratskritik an den Urheberrechtsplänen der Bundesregierung und
fordert das BMJ zum Überdenken seiner wissenschafts- und
bildungsbehindernden Position auf. Das Aktionsbündnis fordert
gleichzeitig das BMBF auf, seine Position der stillschweigenden
Zustimmung entgegen seiner eigenen ,auf Open-Access-ausgerichteten
Politik zu verlassen. Ingesamt wäre in der jetzigen Situation der Kritik
von allen Seiten ein Moratorium die angemessene politische Reaktion.*
Das Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" begrüßt
nachdrücklich, dass der Bundesrat auf seiner Sitzung am 19. Mai 2006 die
Bundesregierung an ihr eigenes Ziel erinnert hat, für ein "bildungs- und
wissenschaftsfreundliches Urheberrecht" zu sorgen -- so steht es ja im
Koalitionsvertrag. Der Bundesrat sieht ganz im Einklang mit dem
Aktionsbündnis, dass durch die verschiedenen neuen Regelungen (z.B. in
den §§ 52b , 53a -- beide zur Literaturversorgung durch Bibliotheken,
aber auch durch die Beschränkung von Autorenrechten in § 31a)
gravierende Nachteile für die deutsche Wissenschaft, ihre Autoren und
für das deutsche Bildungswesen beim Umgang mit publiziertem Wissen zu
erwarten sind. Weiter ist auf die erheblichen Kostensteigerung durch die
Verknappungsstrategien der Verlage für die Länder als die Träger von
Bildung und Wissenschaft hinzuweisen.
Angesichts der von vielen Seiten sich verstärkenden Kritik hätte sich
das Aktionsbündnis sogar eine Empfehlung des Bundesrates in Richtung
Moratorium gewünscht. Dazu konnte sich der Bundesrat wohl nicht
duchdringen. Die in dieser Intensität eher ungewöhnliche Kritik des
Bundesrates legt aber das Zurückziehen des Entwurfs nahe, damit in Ruhe
an einer wirklichen Balance zwischen den Interessen gearbeitet werden kann.
Das Aktionsbündnis bedauert, dass die Justizministerin über "ihr"
Urheberrecht nach wie vor dem kommerziellen Verwerterinteresse Vorrang
gegenüber Wissenschafts- und Informationsfreiheit einräumt und sich
dabei hartnäckig, aber nicht nachvollziehbar, auf die angeblichen
Vorgaben aus Brüssel beruft. Ohne eine Besinnung auf die deutschen
Interessen an einer leistungsfähigen Wissenschaft und einem ebenso
leistungsfähigen Bildungssystem wird es kein zu akzeptierendes
Urheberrecht in Bildung und Wissenschaft geben. Das Aktionsbündnis
fordert daher auch das Bildungs- und Forschungsministerium (BMBF) auf,
sich aus seiner Position des Stillschweigens zum Entwurf herauszubewegen
und sich entsprechend den vom eigenen Haus verfolgten Open-Access-Zielen
klar zu artikulieren. Wenn es um Wissenschafts- und Informationsfreiheit
geht, sollte die Kabinettsdisziplin nicht Vorrang haben. Streitkultur,
um Balancen zu erreichen, ist gefragt.
--
Prof. Dr. Rainer Kuhlen
UNESCO Chair in Communication
Department of Computer & Information Science - University of Konstanz
D-78457 konstanz - Box D87
email: rainer.kuhlen@xxxxxxxxxxxxxxx; URL: http://www.kuhlen.name
* Speaker of the Coalition "Intellectual Property Rights for
Education and Science" - http://www.urheberrechtsbuendnis.de/
* Member of the Committee for Information and Communication
of the German Commission for UNESCO
* Executive Board of HI (Society for Information Science e.V.)
* Chair of NETHICS e.V. (Ethics in the Net) - www.nethics.net
-
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.