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[InetBib] Dissertationen und Prüfungsarbeiten
- Date: Mon, 15 May 2006 09:16:15 +0200 (CEST)
- From: Eric Steinhauer <eric.steinhauer@xxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Dissertationen und Prüfungsarbeiten
Liebe Liste,
immer wieder wurde in dieser Liste über die Archivierung von Prüfungsarbeiten
unterhalb der Promotion diskutiert.
In diesem Zusammenhang habe ich behauptet:
Prüfungsarbeiten "stehen inhaltlich und von ihrem Umfang her
Dissertationen des frühen 20. Jahrhunderts nicht nach. Diese Arbeiten werden
aber aufgehoben. Dabei gerät leicht in Vergessenheit, daß zur damaligen Zeit
die Dissertation die einzige Form der universitären Abschlußarbeit war.
Funktional ersetzt wurde sie erst Ende der 60'er Jahre durch Magisterarbeiten
und in bestimmten Fächern auch durch die Diplomarbeiten."
http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg27827.html [28. Juni 2005]
Also: Die Abschlußarbeit als verkannte Dissertation.
Es geht aber auch umgekehrt.
In Drucksache 5459/02 "Empfehlungen zur Doktorandenausbildung" vom 15.11.2002
des Wisseschaftsrates ist zu lesen (S. 59 f.):
In der Medizin findet sich eine spezifische Tradition der Titelvergabe. Neben
wissenschaftlich
anspruchsvollen, auf umfangreicher Forschungstätigkeit beruhenden Dissertationen
gibt es einen quantitativ weit überwiegenden Teil an Dissertationen, die nach
Umfang und wissenschaftlicher Qualität eher einer Studienabschlussarbeit
gleichen. Der Wissenschaftsrat spricht sich dagegen aus, den Doktortitel
aufgrund von
Dissertationen mit reduziertem Anspruchsniveau zu verleihen.
...
Für eine Promotion auf dem Niveau einer Studienabschlussarbeit
vermag der Wissenschaftsrat keine Rechtfertigung zu erkennen. Sie
...
Der Wissenschaftsrat setzt sich dafür ein, dass auch in der Medizin der
Doktorgrad
lediglich für solche Dissertationen verliehen wird, die einen substanziellen
Beitrag
zum wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt leisten. Die wissenschaftliche
Qualität,
die eine Dissertation erreichen sollte, wird in den Disziplinen gewiss nicht
einheitlich
beurteilt. Doch sollte ihr Ergebnis wissenschaftliches Neuland beschreiben und
in
einer anerkannten Zeitschrift publizierbar sein. "
http://www.wissenschaftsrat.de/texte/5459-02.pdf
Bedenkt man, daß ein großer Teil der online-Hochschulschriften medizinische
Disserationen sind, so haben wir, vom Niveau her, die Abschlußarbeiten schon
längst auf unseren Servern. :-)
Zudem relativiert die Aussage des Wissenschaftsrates den Erfolg der
Hochschulschriftenserver.
Es ist leider immer noch so, daß von der Tendenz her zweitklassige Texte dort
eine Ablage finden. Texte eben, die "in einer anerkannten Zeitschrift" nicht "
publizierbar" wären, um es mit den Worten des Wissenschaftsrates zu sagen.
Ich denke, daran wird sich solange nichts ändern, als es nicht mit dem Server
vebundene Hochschulverlage gibt, die zu günstigen Preisen parallele
Buchversionen anbieten. Das freut den Leser, der einen Text intensiv studieren
möchte und auch den Autoren, der als Ergebnis jahrelanger Arbeit nicht bloß
einen Link zu einem pdf "in der Hand halten" (das eben nicht!) möchte. Das
derzeit noch vorherrschende Publikationsdesign von Hochschulschriftenservern
ist zwar auf die Informationsversorgung hin optimiert, vernachlässigt aber die
spezifischen Lesegewohnheiten vor allem der "Buch"disziplinen und auch die
emotionalen (Prestige)Wert des gedruckten Buches.
Eric Steinhauer
http://www.steinhauer-home.de
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.