On Thu, 11 May 2006 08:29:36 +0200
Rüdiger Schneemann <schneemann@xxxxxxxxxxxxxxx> wrote:
Lars Aronsson schrieb:
Gibt es irgendwo bibliographische Datenbanken zum
Herunterladen?
Eine OA Bewegung für Bibliothekskataloge?
Seit Jahrzehnten gibt es wohl Sammlungen von bib- (für
Troff) und BibTeX-Dateien für wissenschaftliche Aufsätze,
wenn auch nicht für eigentliche "Bücher". Hat jemand
versucht alle diese zentral zu sammeln?
Hallo Herr Aronson,
die Frage ist nicht so ganz "rund": Wollen Sie 1) die
Suchergebnisse aus Bibliographischen Datenbanken gratis
runterladen oder 2) die ganze Datenbank einschliesslich
Retrievalsystem und sonstigen Zutaten kopieren?
Für 1) gibt es z.B. DBIS von der UB Regensburg
http://www.bibliothek.uni-regensburg.de/dbinfo/
Erweiterte Suche / Art der Nutzungsmöglichkeit "Frei
zugänglich"
Für 2) müssen Sie den jeweiligen Produzenten fragen, denn
trotz Gratis-Recherche ist eine Gesamtkopie
erlaubnispflichtig.
Abgesehen davon: welchen Mehrwert soll eine Gesamtkopie
haben?
Ich finde die Frage sehr wohl "rund". Open Access fuer
bibliographische Daten war zuletzt im Hinblick auf
OAI-Metadaten Thema hier:
http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg29811.html
Dass es sinnvoll ist, wenn Harvester bibliographische
Metadaten einsammeln, "remixen" und "veredeln", braucht
wohl nicht ernsthaft begruendet zu werden.
Ist es ein Naturgesetz, dass kleine Bibliotheken ordentlich
fuer Katalogisate loehnen muessen? Die Inhalte von
http://www.biblio.at/katalogisate/
stehen unter einer CC-Lizenz (NC-SA)
Soll man mit Blick auf den Datenbankschutz der §§ 87a UrhG
(EU-weit) etwa daran gehindert werden, Bibliographien
anders als mit dem Autopsie-Prinzip zu erstellen? Sobald
man eine bibliographische Datenbank fuer das Erstellen
einer Bibliographie in groesserem Umfang nutzt, hat man
sich zu fragen, ob die Entnahmen wiederholt und
systematisch erfolgen ODER die berechtigten Interessen des
Datenbank-Inhabers unzumutbar zu beeintraechtigen geeignet
sind (§ 87b UrhG).
Wann liegt eine geschuetzte Datenbank vor? Die Rspr. ist da
leider sehr grosszuegig:
http://www.jurpc.de/rechtspr/20020082.htm
Der vom Gericht erwaehnte Grundsatz "was zu kopieren wert
ist, ist auch schuetzenswert" behindert Wissenschaft und
Forschung, aber auch freie Projekte, die fuer Open Content
kaempfen, in unertraeglicher Weise
(www.urheberrechtsbuendnis.de uebernehmen Sie!)
Die deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken haben sich
zur "Berlin Declaration" (BD) fuer Open Access bekannt
(Geisselmann für DBV, SPARC-Europe usw.). Damit sind sie
moralisch verpflichtet, sich strikt an diese Erklaerung zu
halten.
Metadaten fallen ausdruecklich unter den Anwendungsbereich
der BD:
"Establishing open access as a worthwhile procedure ideally
requires the active commitment of each and every individual
producer of scientific knowledge and holder of cultural
heritage. Open access contributions include original
scientific research results, raw data and METADATA, source
materials, digital representations of pictorial and
graphical materials and scholarly multimedia material."
Welche Lizenz gilt fuer diese Metadaten? Auch hier ist BD
unmissverstaendlich:
" The author(s) and right holder(s) of such contributions
grant(s) to all users a free, irrevocable, worldwide, right
of access to, and a LICENSE to copy, use, distribute,
transmit and display the work publicly and to make and
distribute derivative works, in any digital medium for any
responsible purpose, subject to proper attribution of
authorship (community standards, will continue to provide
the mechanism for enforcement of proper attribution and
responsible use of the published work, as they do now), as
well as the right to make small numbers of printed copies
for their personal use." (meine Hervorhebung)
Mit dem Aufkommen der CC-Lizenzen ist die im zweiten Teil
vorgesehene Beigabe des Lizenztextes ("including a copy of
the permission as stated above") obsolet geworden bzw. sie
wurde meines Wissens auch nie realisiert.
Einwenden kann man natuerlich, dass Katalog-Daten sich
nicht in einem Repositorium mit
Langzeitarchiverungs-Garantie befinden, wie dies der zweite
Teil der Definition fordert.
Grundsaetzlich habe ich aber keinerlei Zweifel daran, dass
Katalogisierungsdaten wissenschaftliches Wissen darstellen,
das unter die Definition der BD faellt.
Aus der BD ergibt sich leider kein Rechtsanspruch, dass
eine Bibliothek auf OA-Heuchelei (OA propagieren, freie
Inhalte blockieren!) verzichtet und ihre Daten tatsaechlich
freigibt.
Ich bestreite (Herr Steinhauer ist aufgerufen, die
Gegenansicht zu verteidigen), dass die Nutzung von
Katalogdaten eine
*privatrechtlich geregelte
*Sondernutzung
darstellt, fuer die die Grundsaetze des oeffentlichen
Rechts nicht gelten. Wider die "Flucht ins Privatrecht"!
Mir ist keine Gerichtsentscheidung bekannt, die die Frage
thematisiert, an welche Grundsaetze des oeffentlichen
Rechts eine Institution bei der Vermarktung von
urheberrechtlichen Verwertungsrechten gebunden ist.
(Hier geht es um den Datenbankschutz, wobei man sich gleich
abschminken kann, dass die EU-Richtlinie bzw. das
Informationsverwendungsgesetz irgendwie weiterhelfen:
http://archiv.twoday.net/stories/1421032/
Bibliotheken sind exempt.)
Um es anhand eines anderen Beispiels zu verdeutlichen:
Ueblicherweise gestatten auch restriktive
Handschriftenabteilungen dem Nutzer handschriftliche
Aufzeichnungen zu machen. Die einzige Alternative waere ja
Auswendiglernen der betrachteten Inhalte. Mit Blick auf §
53 UrhG kann aber bereits eine solche Vervielfaeltigung
problematisch sein, wenn die Bibliothek bzw. ihr Traeger
rechtmaessigerweise die Nutzungsrechte hat.
Fuer mich ueberlagert die oeffentlichrechtliche
Zweckbestimmung der Bibliotheken deren Umgang mit
bestehenden oder behaupteten (COPYFRAUD!) Nutzungsrechten.
Ich habe aber den Eindruck, dass sich die Herren Steinhauer
und Mueller als Bibliotheks-Lobbyisten sich nicht
unmissverstaendlich zu dem unter
http://deposit.ddb.de/ep/netpub/89/96/96/967969689/_data_stat/www.dbi-berlin.de/dbi_pub/einzelth/rechtpub/handsch2.htm
fixierten Konsens bekennen.
Klaus Graf