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Liebe KollegInnen,
ich möchte Sie auf einen Beitrag von Reinhard Markner/Berlin
in der Frankfurter Allgemeine vom 20. 4. 2006, Nr. 92, S. 42, aufmerksam
machen, in dem er sich
kritisch mit der Werbung für einen Internet-Großbuchhändler in
Bibliothekskatalogen auseinandersetzt.
Mit freundlichen Grüßen,
Frauke Mahrt-Thomsen
Hier ein Ausschnitt aus dem Artikel von Reinhard Markner:
Werbung in der Bücherei
Der trojanische Schutzumschlag
Zu den merkwürdigsten Gebräuchen des deutschen Bibliothekswesens gehört
der achtlose Umgang mit Schutzumschlägen. Gewöhnlich gelangen nur ihrer
Hülle beraubte Bücher in die Magazine wissenschaftlicher Bibliotheken.
Auch bedruckte Buchdeckel werden häufig entfernt, wenn man Paperbacks
neu binden läßt. Nicht einmal Gérard Genettes Erhebung des
Schutzumschlags in den Rang eines "Paratextes" hat an dieser Praxis
etwas ändern können. Die öffentlichen Bibliotheken sind stets schonender
verfahren. Sie präsentieren Teile ihrer Bestände ähnlich wie eine
Großbuchhandlung, in frei zugänglichen Regalen. Die Benutzer sind
eingeladen, sich selbst zu bedienen und ihre Entscheidungen auch von
Klappentexten oder Umschlagbildern leiten zu lassen. Es ist daher ganz
natürlich, daß sich diese Form der unmittelbaren Ansprache der Leser
neuerdings auch in der Gestaltung elektronischer Kataloge fortsetzt. Und
vielleicht sollte es auch nicht verwundern, wenn dabei die Grenzen
zwischen Bücherei und Buchhandlung verschwimmen. Die Bond GmbH & Co. KG
ist ein mittelständisches Unternehmen, das vor achtzehn Jahren gegründet
wurde und siebzig Mitarbeiter beschäftigt. Nach eigenen Angaben ist es
"Deutschlands führender Hersteller von Bibliothekssoftware". Seine mehr
als dreitausend Kunden hat es vor allem unter den öffentlichen
Büchereien gefunden. Die Stadtbibliotheken in Heidelberg, Münster und
Magdeburg ebenso wie viele kleinere Häuser verwenden das Programm
"Web-Opac V2.3", das die Bestellung von Medien vom Rechner zu Hause
ermöglicht. Unverwechselbar ist dieses Programm durch die Einbindung von
kleinen Umschlagbildern in die jeweiligen Titelaufnahmen. Woher sie
stammen, ist leicht festzustellen. Klickt man die Bildchen an, gelangt
man nämlich nicht etwa zum eigenen Benutzerkonto, sondern mitten hinein
in den Katalog des marktbeherrschenden Internetbuchhändlers, der seit
geraumer Zeit auch gebrauchte Bücher zum Kauf anbietet. Sollen so
Bibliotheksnutzer auf andere Gedanken gebracht werden? Wozu ein Buch
ausleihen, wenn man es doch auch kaufen kann? Wozu aus dem Haus gehen,
wenn die Ware mit der Post geliefert wird?