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Re: Benutzungsgebühren Staatsbibliothek zu Berlin



Liebe Liste,

Herrn Steinhauers Schlußfolgerung kann man m.E. nur unterstützen. Haben
wir den Bestand und den Betrieb der Staaatsbibliothek nicht schon einmal
mit unseren Steuern bezahlt?

Man kann es auch anders machen, wie das Beispiel der New York Public
Library (Research Libraries, 40 Mill. Medien) zeigt:

"How much does a library card cost?
ACCESS cards from the Research Libraries of The New York Public
Libraries are free to all researchers, regardless of their place of
residency. A replacement fee may be charged for lost cards." ($ 10,-)
http://www.nypl.org/books/cards.html

Und die NYPL Reseach Libraries werden nicht einmal durch Steuern,
sondern vorwiegend mit Spenden finanziert. Sie gehören bekanntlich zu
den größten Bibliotheken weltweit.

Viele Grüße aus Berlin
Peter Delin

Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Videolektorat
Blücherplatz 1
10961 Berlin

Tel.: 030/90226-198
Fax.: 030/90226-290
email: delin@xxxxxx
http://www.zlb.de/index.html


Eric Steinhauer schrieb:
> 
> Liebe Liste,
> 
> mit großem Interesse habe ich die neue Benutzungs- und Gebührenordnung
> der Staatsbibliothek zu Berlin zur Kenntnis genommen. Meine besondere
> Aufmerksamkeit habe ich dabei dem Thema der Benutzungsgebühren
> geschenkt.
> 
> Ich halte, um es kurz zu sagen, die Berliner Regelung in der
> vorliegenden Form für rechtlich angreifbar. An dieser Stelle möchte ich
> die Liste nicht mit einem ausformulierten Gutachten langweilen, wohl
> aber in groben Zügen den Gedankengang darlegen:
> 
> Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist das in Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2.
> Fall GG normierte Grundrecht der Informationsfreiheit. Danach hat jeder
> das "Recht, ...sich aus allgemein zugänglichen
> Quellen ungehindert zu unterrichten."
> 
> Es ist allgemein anerkannt, daß öffentlich zugängliche Bibliotheken
> (vgl. auch § 1 der Benutzungsordnung der Staatsbibliothek zu Berlin)
> eine allgemein zugänglich Quelle der Informationsbeschaffung sind.
> 
> Durch die Erhebung von Benutzungsgebühren wird der Zugang
> insoweit  "gehindert", als er an die Zahlung der in der
> Gebührenordnung ausgewiesenen Gebühren geknüpft wird.
> 
> Insoweit liegt ein Eingriff in das Grundrecht vor.
> 
> Fraglich ist, ob dieser Eingriff rechtmäßig ist. Das ist der Fall, wenn
> eine in formeller Hinsicht rechtmäßige Ermächtigungsgrundlage vorliegt
> und der Eingriff im übrigen verhältnismäßig ist.
> 
> An der formellen Rechmäßigkeit der Gebührenordnung bestehen keine
> Zweifel, wohl aber an der Verhältnismäßigkeit. Ohne hier auf
> Einzelheiten einzugehen, bedeutet der bei Grundrechtseinschränkungen zu
> beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, daß ein
> Grundrechtseingriff nur insoweit möglich ist, als er zur Erreichung
> eines legitimen Zieles unbedingt erforderlich ist.
> 
> Bei Gebühren im Zusammenhang mit der Informationsfreiheit wird die
> Grenze gemeinhin dort gesehen, wo eine Gebühr prohibitiv wirkt.
> 
> Die Berliner Gebühr ist vor diesem Hintergrund in zwei Punkten problematisch:
> 
> 1. Höhe der Gebühr:
> 
> Ein Maßstab zur Beurteilung einer angemessenen Gebührenhöhe wäre die
> Rundfunkgebühr. Diese liegt zur Zeit bei 5,52 ? im Monat. Von daher
> wäre der Monatssatz von 10 ? kritisch zu sehen. Die Höhe der
> Jahresgebühr scheint aber vertretbar. Dennoch muß man bedenken, daß die
> Rundfunkgebühr für alle Sender EINMAL erhoben wird, während bei
> Bibliotheksgebühren jede Bibliothek EIGENE Gebühren erhebt, so daß eine
> intensive Bibliotheksnutzung, die vielleicht bei fünf Einrichtungen
> parallel zu sehen ist, hier schön bedenklich teuer wird. Hier macht
> sich vor allem die fehlende Tages- oder Kurzzeitgebühr bemerkbar.
> 
> Diese ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ZWINGEND wieder einzuführen, wenn die Monatsgebühr nicht gesenkt wird.
> 
> 2. Gebührenpflichtiger Personenkreis
> 
> Die Berliner Gebührenordnung differenziert nicht, wie etwa die
> Rundfunkgebühren, nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Leser.
> Dies wäre aus Gründen der Verhältnismäßigkeit aber geboten. Ein Blick
> auf die Eintrittsgelder der Museen der Stiftung Preußischer
> Kulturbesitz: Hier gibt es durchgängig Ermäßigungen für nicht so
> finanzstarke Besucher. Da Bibliotheken  grundrechtlich erheblich
> bedeutender sind als Museen, ist eine entsprechende Differenzierung bei
> den Benutzungsbebühren ebenfalls ZWINGEND. Warum hier innerhalb der
> Stiftung mit zwei Maßstäben gemessen wird, ist verwunderlich.
> 
> Ergebnis:
> 
> Die geltenden Gebührensätze für die Benutzug der Staatsbibliothek zu
> Berlin sind in der vorliegenden Form rechtswidrig, da sie Grundrechte
> in unverhältnismäßiger Form einschränken. Es ist der Staatsbibliothek
> zu raten, die Tagesgebühr wieder einzuführen und im übrigen soziale
> Belange bei der Gebührengestaltung zu berücksichtigen.
> 
> Eric Steinhauer
> 
> http://www.steinhauer-home.de


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.