[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: AW: AW: Creative Commons im Free Software Magazine



Lieber Herr Boehle, liebe Liste,

Sie haben Recht, dass die Kritik an den CC von Tódt einerseits und Berry/ Moss andererseits ganz anders gestrickt sind, weil Tódt eher meint, dass man außerhalb des Copyright-Systems nichts Neues wie CC brauche, während Berry und Moss finden, dass die CC letztlich dem Copyright-System und was dahinter steckt, verhaftet bleiben.


da kann ich Ihnen leicht zustimmen.

Letztlich wird in dem Artikel aber auch wenig mehr gesagt als dass die CC systemkonform (Kapitalismus) sind, was keiner wirklich bestreitet, und ein stärker politisierter Kampf für die "libre culture" und "true democracy" nötig wären. Um das zu sagen rekurriert man etwas bemüht, wie ich finde, auf Heidegger, Deleuze, und Latour und bläht die Sache damit auf. Der Frage ob der Reformansatz der CC nicht schon konkreten Nutzen entfaltet hat, (siehe den Beitrag von Mia Garlick) stellen sich die Kritiker der Eigentumsordnung ("If anything, property is the corruption and the crime; an act of theft from the common substrate of creativity") nicht.


Ich gebe Ihnen auch dahingehend recht, dass die positiven Effekte der Creative Commons Initiative zu Unrecht keine Würdigung erfahren. Allerdings sehe ich den Gewinn der Berry/Moss-Position darin, dass sie pointiert die Grenzen und die - sagen wir - ideologische Abstammung der Creative Commons beschreibt. Damit ist man zumindest einen Schritt in der Phänomenologie weiter und das würde ich nicht unterschätzen. Deswegen ist diese Kritik meiner Ansicht nach fruchtbar. Ob man ihr inhaltlich zustimmt, ist jedermanns Privatvergnügen. Ich würde auch nicht uneingeschränkt bejahen, dass die Nennung von Heidegger und Co die Sache aufbläht, unverzichtbar sind sie hier bestimmt nicht. Fehl am Platz aber auch nicht.Solche Referenten sind bestimmt nicht jedermanns Sache, auch hier darf jeder eine andere Ansicht haben. Lassen wir es dabei bewenden.

Die wirklich interessante Fragestellung, die in dem Artikel aufgeworfen wird (und die man ohne Attacke auf die CC behandeln kann), ist die, was es eigentlich mit den "Commons" auf sich hat. Die Autoren sehen zwar als Resultat der CC "only a simulacrum of a commons" und wissen auch, was sie positiv wollen, nämlich so etwas wie GNU GPL, wohinter eine "ethische Praxis" stünde und eben konkrete Zusammenarbeit.

Was ja zumindest mehr als platte Polemik ist und genau wie Creative Commons faktische Geltung besitzt. Eben durch die Darstellung des ideologischen Hintergrundes der Creative Commons und der Gegenueberstellung mit anderen Modellen wie der GNU GPL können alternative Lizensierungsmodelle (und damit sind nicht die Creative Commons Look-alikes gemeint) einen anderen, angemessenen
Stellenwert erlangen. Das würde der Diskussion bestimmt nicht schaden.


Mit der Frage aber, was denn dabei herauskäme, wenn man das Free/Open Source Software-Modell auf, sagen wir mal, die Medienproduktion oder die wissenschaftliche Produktion bezöge (also die bereiche, in denen CC eine Rolle spielen), wird man allein gelassen.


Auch dabei kann ich Ihnen leicht zustimmen, die Frage, was bei der Anwendung anderer Lizensierungsmodelle als Creative Commons auf Medienprodukte passieren würde, ist überaus spannend. Aber die Antwort kann in einem Artikel von knapp vier Seiten nicht gegeben werden.


Viele Grüße

Ulrich Herb


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.