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Re: Betr. Nutzungsgebuehren fuer Nicht-Hochschulmitglieder



Am Donnerstag, 24. März 2005 09:56 schrieb Rainer Horrelt:
> Betr. Nutzungsgebuehren fuer Nicht-Hochschulmitglieder
>
> So bedenklich wie es Herr Hornbach und Herr Eichwalder (der Mailadresse
> nach zu urteilen beide wohl "externe" Benutzer") sehe ich die Erhebung von
> Gebuehren nicht.

Sehr geeehrter Herr Horrelt,

bei Gebührendiskussionen (auch um Studiengebühren) werden immer häufiger
solche Rechtfertigungen angeführt. Was Sie dabei antreibt, weiss ich nicht.
Ein originäres Interesse eines Bibliotheksdirektors kann ich in der
Verteidigung von Gebühren jedenfalls nicht erkennen.

Gebühren sind kein Naturereignis, sondern werden finanzpolitisch geplant und
umgesetzt. Wenn man die Papiere derjenigen Wirtschaftstheoretiker liest, die
am meisten Öffentlichkeit für ihre Thesen bekommen, dann kann man gut
herausfinden, als welches Instrument Gebühren funktionieren sollen. Da geht
es nicht um ein paar Euro hier oder da, die einkassiert werden, weil alles
teurer wird, sondern um flächendeckende und umfassende Umstrukturierungen.

Gebühren erfüllen auf der Einnahmenseite geldpolitisch den Zweck, die
Haushaltsdefizite zu reduzieren. Neben der Restrukturierung des Steuer- und
Abgabensystems sowie der Stärkung der administrativen Rechte der
Finanzverwaltungen (ich möchte hier die soeben erteilte Erlaubnis in die
Einsicht von Kontendaten nennen) geht es in der Tendenz darum, den Konsum
stärker als die Produktion zu belasten. Die Begründung der
Angebotstheoretiker ist, eine "unkontrollierte Fehlallokation von Ressourcen"
zu vermeiden (auf deutsch: nur wer genug zahlt, darf künftig auf die Gnade
der Zuteilung von Bildungs- und Wissenshäppchen hoffen). Staatliche
Dienstleistungen werden nach dieser Diktion dann weitestgehend kostendeckend
mit Gebühren belegt (natürlich sozialverträglich). Bibliotheksgebühren sind
ein kleiner Teil einer binnenpolitischen Massnahme, um einen stabilen
Geldwert zu erzielen. Die Bibliotheksnutzer zahlen letztendlich nur deswegen
Gebühren, um den Euro stabil zu halten und die Unternehmer wie Vorstandschefs
weiter finanziell zu entlasten. Mehr steckt nicht dahinter.

Natürlich haben Bibliotheksnutzer volkswirtschaftlich schon vorher längst für
das bezahlt, was sie für die Gebühren bekommen, nämlich über die Steuern. Sie
werden wie die Studierenden doppelt und dreifach zur Kasse gebeten. Das nur
am Rande.

Mit den besten Wünschen für die Feiertage

Jörg Prante

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Jörg Prante
joergprante@xxxxxxxxxxxxx


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