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Re: Handschriftenbibliotheken begreifen Open Access nicht
- Date: Thu, 03 Mar 2005 12:34:58 +0100
- From: Rainer Kuhlen <rk_iw@xxxxxx>
- Subject: Re: Handschriftenbibliotheken begreifen Open Access nicht
Lieber Herr Graf
es ist gut, dass Sie nicht müde werden, auf Fehlinterpretationen des
Open-Access-Gedankens hinzuweisen, die dann zu Handlungen (z.B.
Gebührenordnungen und Nutzungseinschränkungen) führen, die OA
pervertieren. Ob die /Weimarer Empfehlungen zur Herstellung von und zum
Umgang
mit Digitalisaten aus Nachlässen in Archiven und Bibliotheken /diesen
von Ihnen kritisierten Tatbestand erfüllen, sei dahingestellt
(vermutlich ja). Ich will nur auf einen Punkt hinweisen, der vielleicht
Anlass zu einer breiteren Diskussion werden könnte und der vielleicht
auch Sie veranlassen könnte, Ihr Verständnnis von "gemeinfreiem
Kulturgut" noch einmal zu bedenken. Vermutlich ist die Abhandlung von A.
Chander; M. Sunder: The romance of the public domain. In: California Law
Review, Vol. 92, 2004 bekannt ( http://ssrn.com/abstract=562301- von
dort der Volltext herunterladbar). Dort wird als romantische
Vorstellung von public domain/commons (gemeinfreies Kulturgut ja ganz
passend) kritisiert, dass der unrestringierte öffentliche Zugang zu den
Formen des Commons nie aus sich heraus die Chancen- und Nutzengleichheit
aller geregelt hat, sondern eher Asymmetrien in der Nutzung von commons
bewirkt. Vielmehr komme es darauf an, wie dieses Commons organisiert und
ggfls. auch restringiert wird (auch wenn dies die Asymmetrien nicht per
se beseitigt). So hat ja in der jüngeren Vergangenheit das Reklamieren
des nativen Wissens von "Entwicklungsländern" als global commons weniger
dazu geführt, dass sich eine native Wissensindustrie entwickeln konnte
(da die Voraussetzungen technischer, organisatorischer etc. Art nicht da
waren), sondern dass sich z.B. die großen Pharmakonzerne dieses Wissen
zur Herstellung neuer Produkte uneingeschränkt bedienen konnten. Dazu
gibt es inzwischen ja genug Gegenreaktionen, über freiwillige oder auch
gesetzlich geregelte Vereinbarungen im Interesse dieser Länder. Hier ist
eventuell der Begriff des property commons nützlich (als Gegenbegriff zu
uncommon prperty). Könnte durch OA nicht eine vergleichbare Entwicklung
entstehen, dass die gänzliche Freizügigkeit in de Verfügung dessen, was
im Commons ist, zu Aneignungsprozessen führt, die nicht unbedingt wieder
im Interesse der Erweiterung des Commons sind (oder doch?). Creative
Commons versucht ja durch die Differenzierungen in der Verfügung über
publiziertes Wissen darauf zu reagieren. Lagen den Weimarer Empfehlungen
vielleicht auch solche Überlegungen zugrunde? Ob dort die nrichtigen
Schlüsse gezogen wurden (z.B. 5c und 7), weiss ich auch noch nicht. Aber
immerhin - die Aufgabe der Strukturierung des Commons bleibt bestehen.
Wie wird das gesehen? Die oft nur dichotomisch geführt Diskussion
zwischen property einerseits und commons andererseits erweist sich
vielleicht doch als zu kurz gegriffen. Sorry für diesen Beitrag, der
hoffentlich nicht als zu off-topic angesehen wird.
RK
Klaus Graf wrote:
http://archiv.twoday.net/stories/549953/
Klaus Graf
--
Prof. Dr. Rainer Kuhlen
Department of Computer and Information Science - University of Konstanz
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email: rainer.kuhlen@xxxxxxxxxxxxxxx [also: rk_iw@xxxxxx]
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