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Re: Meldestelle auf www.52a.de
Lieber Herr Sprang,
ich erwarte mit Interesse die inhaltliche Aktualisierung ihrer
Webseiten.
Zur Richtigstellung: es handelt sich natürlich keinesfalls um "meine"
open access Ideen. Mit der "Berliner Erklärung" haben sich die deutschen
Forschungsorganisationen (FhG, WGL, DFG, Helmholtz, HRK und
Wissenschaftsrat) dezidiert für Open Access ausgesprochen. Die
öffentliche Hand investiert indirekt bereits erheblich in die von Ihnen
genannten Aufgaben, da erhebliche Teile der von den Verlagen
organisierten Aufgaben von den Wissenschaftlern als Teil des Systems
unentgeltlich übernommen werden (z.B. Peer Review, Mitwirken in
Editorial und Advisory Boards etc.) Daß Verlage inzwischen auch gleich
die Informationsnavigation (für die Autoren, die Leser?) übernehmen, war
mir allerdings neu. Brave new world! Ich dachte bisher, dieser Aufgabe
müssten die Wissenschaftler sich wohl immer noch selbst unterziehen,
tatkräftig unterstützt von den Bibliotheken, zu deren traditionellen
Aufgaben das immer gehörte.
Sie wissen aber sehr gut, daß die Alternative nicht öffentliche Hand vs.
private Unternehmerinitiative ist. Auch progressiv denkende Unternehmer
wie Vitek Tracz und Jan Velterop haben erkannt, daß es im eigenen
Interesse wie im Interesse der Wissenschaftler sein kann, das System so
umzubauen, daß die First copy Kosten für die Publikation referierter
Originalarbeiten durch Beiträge der Wissenschaftler selbst oder ihrer
sie beschäftigenden Institutionen oder im Rahmen der Forschungsförderung
bereitgestellt werden. Das Aufbauen von Hürden für die Rezeption von
Publikationen, an denen der Autor selbst nichts direkt verdient, ist
dagegen kontraproduktiv. Publikationskosten sind ein relativ kleiner
Anteil der Forschungskosten, und sollten als deren integraler
Bestandteil gesehen werden. Die Förderorganisationen haben das
inzwischen erkannt. Leute wie David Prosser, der vor seinem Wechsel zu
SPARC Europe als Commissioning Journal Editor bei Oxford University
Press tätig war, favorisieren ein hybrides Modell, bei dem der Autor
entscheiden kann, ob er lieber selbst etwas zahlt bzw. den
Publikationskostenanteil bewilligter Fördermittel dafür einsetzt (das
kann auch eine Auflage der Förderorganisation sein), damit sein Artikel
frei zugänglich wird, was einen gleitenden Übergang zwischen neuen und
alten Finanzierungsmodellen ermöglichen soll. Was wir brauchen, ist
nicht ein ideologisch verbohrtes Bestehen auf dem traditionellen Modell
oder einem der neuen Modelle, die ihren Langzeittest allesamt noch vor
sich haben, sondern einen Wettbewerb der Ideen und Ansätze. Alles, was
das befördert ist gut, Monopolisierung (in welcher Richtung auch immer)
ist schlecht.
Self-Archiving schließlich zielt nicht auf "Vanity Publishing", Verzicht
auf Peer Review, akademische Inzucht etc. Also: Autoren sollen ruhig
weiterhin ihre Arbeiten bei renommierten Zeitschriften einreichen und
begutachten lassen, wenn sie meinen, daß das sinnvoll oder ihrer
Karriere förderlich sei (ethische Argumente, sie sollten doch bitte an
die armen Bibliotheken denken und das nicht tun, gehen an der Realität
der Anreize des Systems völlig vorbei). Aber sie sollten im eigenen
Interesse (maximaler Impact auch angesichts klammer öffentlicher
Haushalte) dafür sorgen, daß ihre eigenen Arbeiten durch
Selbst-Archivierung zugleich (mindestens) in einer Basis-Version auf
OAI-kompatiblen Publikationsservern open access zugänglich werden. Wenn
Sie Wissenschaftler davon überzeugen wollen, brauchen Sie erst gar nicht
an Mitleid mit den Bibliotheken apellieren. Die andere Seite horcht aber
sofort auf, wenn Sie ihr Studien zeigen, die demonstrieren, daß der
Impact von open access zugänglichen *referierten* Publikationen (ob es
sich nun um solche handelt, die in Open Access Verlagen veröffentlicht
werden oder solche in klassischen Zeitschriften, die durch
Selbstarchivierung open access zugänglich werden) wesentlich höher ist
als bei Veröffentlichungen, die durch "toll access" ausgebremst werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Bernd-Christoph Kämper, UB Stuttgart
--
Bernd-Christoph Kaemper, Dipl.-Physiker, Bibl.-Rat
Fachreferent für Physik und Koordination elektronischer Ressourcen
Universitätsbibliothek Stuttgart, Postfach 104941, 70043 Stuttgart
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