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Re: RAK ade, Willkommen AACR?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
auf die Gefahr hin, Ihnen auf die Nerven zu fallen, noch einmal zum Thema
AACR:
>Es
>muss doch moeglich sein, dass ein Befuerworter des Umstiegs hier mal in
>fuenf Saetzen zusammenfasst, was er sich davon verspricht.
Für das anhaltende hartnaeckige Schweigen gibt es IMHO nur drei denkbare
Erklaerungen:
A) Man will nicht.
B) Man kann nicht.
C) Es gibt im Kreis der Inetbib-Abonnenten keine Befuerworter.
Zum Glueck bin ich mittlerweile auf den sehr lesenswerten Beitrag von Frau
Goempel und Frau Niggemann fuer ZfBB 2002, H. 1, gestossen (als PDF auf
http://www.ddb.de/professionell/afs.htm unter ?Veroeffentlichungen?), der
sich aus Sicht Der Deutschen Bibliothek mit dem Umstieg auseinandersetzt
(Stand allerdings noch *vor* der Standardisierungsausschuss-Sitzung im
Dezember 2001).
Als Argumente fuer den Umstieg werden (wenn ich die Autorinnen recht
verstehe) die folgenden angefuehrt:
1. Vorteile fuer die Nutzer: Der Zugriff ?ueber Netze, ueber Suchmaschinen,
und Agenturen? auf ein national und international zusammengemischtes
Datenmaterial funktioniere besser, wenn dieses homogener ist.
2. Vorteile fuer die Bibliotheken: Einsparungen durch verbesserte
Uebernahmemoeglichkeit angloamerikanischer Titelaufnahmen und
Sacherschliessungen.
3. Vorteile fuer amerikanische Bibliothekssoftwarehersteller: Diese
muessten sich kuenftig nicht mehr auf deutsche Besonderheiten einlassen.
4. Verbesserte Verbreitung deutscher Daten im Ausland.
Wenn ich dazu ein paar Kommentare loswerden darf:
zu 1.: In welchem Format die Daten vorliegen, ist dem Benutzer egal;
entscheidend ist die Moeglichkeit, ueber eine gemeinsame Suchoberflaeche
verschiedene Datenpools gleichzeitig abzusuchen. Das geht auch jetzt schon
ohne Probleme ueber RAK- und AACR-Daten (KVK!); notwendig sind nur sauber
definierte Strukturen (die keineswegs identisch sein muessen), in denen man
die fuer den Benutzer wichtigen Suchkriterien wiederfinden kann. Selbst
wenn wir auf AACR umsteigen wuerden, kaemen wir um solche Metasuchmaschinen
nicht herum. Eine homogene Datenlandschaft naemlich wird es in Zukunft
(trotz DC usw.) noch viel weniger geben als jetzt (vgl. dazu auch Herrn
Geisselmann). Das Ziel muss eine uebergreifende Suche auch in
nicht-bibliothekarischen Datenpools und freien Internetquellen sein. Die
Frage, ob bibliothekarische Daten in AACR oder RAK vorliegen, ist da
eigentlich nur ein Nebenschauplatz...
zu 2.: Der wirtschaftliche Aufwand fuer die Umstellung (Software, Schulung,
Bearbeitung von Altdaten, Anpassung der Normdateien...) wuerde sich m.E.
erst in Jahrzehnten amortisieren... und bis dahin sind die AACR vermutlich
Geschichte. Eine verbesserte Nachnutzung von englischen
Sacherschliessungselementen halte ich fuer sinnvoll; sie kann jedoch
unabhaengig vom Umstieg auf AACR und mit weit geringerem Aufwand realisiert
werden (vgl. OSIRIS).
zu 3.: Es ist in der globalisierten Wirtschaft eine Normalitaet, dass
Hersteller ihre Produkte an den jeweiligen Markt anpassen. Wer fordert denn
z.B. Grossbritannien zur Aufgabe des Linksverkehrs auf? Selbstverstaendlich
produzieren die Kfz-Hersteller speziell fuer diesen Markt rechtsgesteuerte
Autos. Bisher herrschte m.W. bei Ausschreibungen von Bibliothekssystemen
auch noch nie Mangel an Anbietern. Und schliesslich: Ist es ueberhaupt
erstrebenswert, sich voellig dem amerikanischen Markt auszuliefern?
zu 4.: Scheint mir primaer ein Vorteil fuer Die Deutsche Bibliothek zu sein.
Statt mit irrsinnigen Aufwand auf ein aelteres, konservativeres und noch
komplexeres Regelwerk umzusteigen, sollten wir zum einen endlich die
ueberzuechteten RAK kraeftig ausmisten, sie an die Online-Welt anpassen
(die juengsten Vorschlaege gingen doch in die richtige Richtung) und - wo
moeglich - noch besser zu AACR kompatibel machen. Zum anderen muessen wir
lernen, mit der Realitaet (naemlich der Heterogenitaet weltweiter Daten)
umzugehen und dafuer entsprechende Suchinstrumente entwickeln.
Mit besten Gruessen und Dank fuer die Geduld
Heidrun Wiesenmueller
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Heidrun Wiesenmueller M.A.
Wuerttembergische Landesbibliothek - Abt. Landesbibliographie
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