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Bibliothekswissenschaft?
Liebe Liste,
ich sehe das zentrale Problem auch im Wissenschaftsbegriff. Die
herkömmliche Wissenschaftstheorie unterscheidet zwischen
Kulturwissenschaften/Sozialwissenschaften und Naturwissenschaften. Legt
kann Diltheys Modell an die Bibliothekswissenschaften an, so steht man vor
dem Problem, dass man die Bibliothekswissenschaft keinem Bereich eindeutig
oder in beide Bereiche Teilgebiete einordnen kann. Wir beschäftigen uns mit
dem alten Buch (Kulturwissenschaften), neuen Organisationsformen (BWL,
Sozialwissenschaft) und Informatik (Technik,
Naturwissenschaften). Folglich gibt es auch keinen Methodenkanon der das
Fach Bibliothekswissenschaft konstituiert.
Es gibt aber durchaus Beispiele, dass ein Fach zugleich Kulturwissenschaft,
Sozialwissenschaft und Naturwissenschaft sein kann. Dies zeigt die moderne
Geographie. Dieser Prozess stetzt(e) aber eine weitgehende Einigkeit der
Fachkollegen voraus, die die verschiedenen Teilbereiche gleichberechtigt
nebeneinander bestehen lassen.
Gerade dies ist im Bibliothekswesen nicht der Fall. Einige Verteter der
Wissenschaftlichkeit des Bibliothekswesen grenzen bewusst wesentliche Teile
der Profession wie z. B. das Alte Buch aus. Sie versuchen einen
einheitlichen Methodenkanon durch den Ausschluss ihrer Meinung nach nicht
geeigneter Teilgebiete zu ermöglichen. Andererseits erfordern aktuelle
Entwicklungen eine verstärkte Konzentration auf Gebiete wie Informatik, die
bisher nicht zu den Kernaufgaben der Bibliothekslehre gehören. Unter dieser
Verschiebung der Paradigmen leidet letztlich die
Bibliothekslehre/-wissenschaft, da sich deren Vertreter
kulturwissenschaftlich definieren und sich somit in ihrer Identität
gefährdet sehen.
Liele Grüße aus dem regnerischen Lüneburg
Christian Hänger
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Dr. Christian Haenger
Leiter der Benutzungsabteilung
Universitaetsbibliothek Lueneburg
21335 Lueneburg
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