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Re: "Der Wissenschaft oder dem Mammon dienen"
- Date: Tue, 27 Mar 2001 16:28:51 +0100
- From: Klaus Graf <graf _at__ uni-koblenz.de>
- Subject: Re: "Der Wissenschaft oder dem Mammon dienen"
Joachim Hennecke wrote:
>
> Liebe Kolleginnen und Kollegen,
> in diesem Zusammenhang würde mich einmal interessieren, ob nicht nach
> § 38 Urheberrechtsgesetz sowieso die Autoren über Ihre Aufsätze in
> Periodika und sonstigen Sammelwerken spätestens nach einem Jahr frei
> verfügen können ('...wenn nichts anderes vereinbart ist.'; und das
> dürfte wohl der Regelfall sein), so dass z.B. Bibliotheken auch
> solche Texte online bereitstellen könnten.
> Hat vielleicht jemand nähere Informationen dazu?
> Mit freundlichen Grüßen
> Joachim Hennecke
>
Diese Vorschrift ist leider in wissenschaftlichen Kreisen nur sehr wenig
bekannt.
Fuer das deutsche Recht verweise ich auf meine Zusammenstellung:
http://www.mediaevum.de/urheberrecht.htm
(bzw., da der Server im Augeblick nicht reagiert:
http://www.google.de/search?q=cache:www.mediaevum.de/urheberrecht.htm)
Die dort vertretene Auffassung, eine Vereinbarung koennte auch durch den
Impressumvermerk der Zeitschrift, der sich alle Nachdruckrechte
vorbehaelt, zustandekommen, wurde jedoch kritisiert und wird von mir
nicht aufrechterhalten. Entscheidend ist eine ausdrueckliche Aeusserung
des Verlags etwa in der Form "Mit Ruecksendung der Korrekturen erkennen
Sie an, dass ...". Normalerweise kann ich aus meiner
geisteswissenschaftlichen Publikationspraxis bestaetigen, dass Aufsaetze
und Beitraege in Sammelbaenden so gut wie immer ohne Vertrag gedruckt
werden. Fuer nicht honorierte Aufsaetze in Sammelbaenden gilt die
gleiche 1-Jahres-Regelung wie fuer Zeitschriftenaufsaetze. In meiner
Disziplin (Geschichtswissenschaft) sind Honorare extrem selten.
Sonderdrucke sind nicht als Honorar zu betrachten.
Fuer das Oesterreichische Recht habe ich mich davon ueberzeugt,
dass hier der Urheber anscheinend noch eine etwas staerkere Position
hat.
Ich kopiere den Wortlaut aus dem Urheberrechtsgesetz der Republik
Oesterreich nach
http://normative.zusammenhaenge.at/materialien/urhg.html#p36
<anfang>
Beiträge zu Sammlungen
§ 36. (1) Wird ein Werk als Beitrag zu einer periodisch
erscheinenden
Sammlung (Zeitung, Zeitschrift, Jahrbuch, Almanach u. dgl.)
angenommen, so bleibt der Urheber berechtigt, das Werk anderweit
zu
vervielfältigen und zu verbreiten, wenn nichts anderes vereinbart
und
wenn auch nicht aus den Umständen zu entnehmen ist, daß der
Herausgeber oder Verleger der Sammlung das Recht, das Werk darin
zu vervielfältigen und zu verbreiten, als ausschließliches Recht
in
dem
Sinn erwerben soll, daß das Werk sonst nicht vervielfältigt oder
verbreitet
werden darf.
(2) Ein solches ausschließliches Recht erlischt bei Beiträgen zu
einer
Zeitung sogleich nach dem Erscheinen des Beitrages in der Zeitung.
Bei
Beiträgen zu anderen periodisch erscheinenden Sammlungen sowie bei
Beiträgen, die zu einer nicht periodisch erscheinenden Sammlung
angenommen werden und für deren Überlassung dem Urheber kein
Anspruch auf ein Entgelt zusteht, erlischt ein solches
ausschließliches
Recht, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Beitrag
in
der Sammlung erschienen ist, ein Jahr verstrichen ist.
§ 37. Nimmt der Herausgeber oder Verleger einer periodisch
erscheinenden Sammlung ein Werk als Beitrag an und wird über die
Zeit
nichts vereinbart, wann der Beitrag in der Sammlung zu
vervielfältigen
und zu verbreiten ist, so ist der Herausgeber oder Verleger im
Zweifel
dazu nicht verpflichtet. Der Urheber kann aber in diesem Falle das
Recht
des Herausgebers oder Verlegers für erloschen erklären, wenn der
Beitrag nicht binnen einem Jahre nach der Ablieferung in der
Sammlung
erscheint; der Anspruch des Urhebers auf das Entgelt bleibt
unberührt. §
29 Abs. 4 gilt entsprechend.
</ende>
Spaetestens ein Jahr nach Erscheinen darf also sowohl in Deutschland als
auch in Oesterreich der Autor ueber einen nicht honorierten Beitrag
anderweitig verfuegen.
Ansonsten stimme ich ausdruecklich der Auffassung von Herrn Hilberer zu,
dass die Wissenschaft die Bibliotheken als Verbuendete betrachten
sollte. Ich tue dies bereits ...
Umgekehrt waere ein wenig Entgegenkommen aber auch erfreulich. Es waere
naemlich schoen, wenn die universitaeren Hochschulschriftenserver sich
auch externen Autoren, die den Qualitaets-Anspruechen eines peer-review
genuegen, oeffnen wuerden und so einen Beitrag zur Loesung des leidigen
Archivierungsproblems des Internets leisten koennten. (Denn Google cacht
nur bis zum jeweils naechsten Besuch seines Spiders, ist die Seite
verschwunden, verschwindet nach einiger Zeit auch die Archivierung.)
Klaus Graf
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.