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Re: Google-VK: Ernuechterung



Kollege B.-C. Kaemper meinte etwas kryptisch: 
> > 
> > die Pointe goenne ich Ihnen...

Ein paar Nachgedanken dazu:
Das Wichtige an der "Pointe" war mir der Hinweis auf die 
Zweifelhaftigkeit mechanistisch-maschineller Auswertungen,
besonders wenn diesen dann der Stempel "Relevanz" aufgedrueckt wird. 
Das ist blanker Etikettenschwindel. Das Wort "Relevanz" ist hier
in Wahrheit eine Metapher, wird aber vom Endnutzer in der Regel 
woertlich genommen - als sei da tatsaechlich eine Bewertung nach
intellektuellen, inhaltlichen und qualitativen Kriterien erfolgt. 
Relevanz hat aber in aller Regel eine subjektive Komponente, und das 
ist der gewichtigste Einwand gegen "Relevance Ranking"! Kein Programm 
kann "wissen", was dem Suchenden vorschwebt, wenn er xyz eingibt. 
Sogar ein Bibliothekar kann nicht wissen, was der Nutzer wirklich 
will, wenn er nur "xyz" sagen wuerde (er sagt ja in der Regel viel 
mehr, bei einer muendlichen Anfrage!)
Wenn bei "Google" haeufig ganz oben etwas wirklich Relevantes 
erscheint, darf man sich freuen, aber nie vergessen, dass womoeglich
etwas noch viel Besseres knapp verpasst wurde oder aus irgendwelchen, 
undurchschauberen statistischen Gruenden eine viel geringere 
Bewertungsziffer erhalten hat. Oder weil eine Schreibvariante 
vorliegt, die einem aber mangels Einblick in Register nicht bewusst 
wird. Und dergl. mehr. Die Leistung des Systems soll dieser Hinweis
nicht schmaelern, aber Euphorie ist unangebracht.

Kurzum: VORSICHT VORSICHT VORSICHT mit dem Begriff "Relevanz"
im Zusammenhang mit maschinellen Suchsystemen. Er verspricht viel mehr 
als er halten kann, er suggeriert eine fatal falsche Vorstellung.
Das ist ein allgemeines Dilemma mit Informatikbegriffen. Dies sind
fast immer alte Woerter fuer neue Begriffe, also Metaphern. Nur,
der unbefangene Leser wird dessen nicht gewahr und denkt sich
mehr Falsches als Richtiges dabei. Das ist sehr leicht fuer 
manipulative Aussagen nutzbar...

Mit alledem ist nun aber auch NICHT gesagt, das Angebot der in 
der "Pointe" gemeinten Bibliothek sei nicht besonders relevant. Das 
waere ein Umkehrschluss in eine genauso falsche Richtung.
Die Bibliothek geht zur Tagesordnung ueber und vermeidet es, nun 
irgendein prahlerisches Label auf ihre Homepage zu pappen.

MfG B.E.


Bernhard Eversberg
Universitaetsbibliothek, Postf. 3329, 
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Tel.  +49 531 391-5026 , -5011 , FAX  -5836
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