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Klassifikationssysteme fuer Linguistik
Datum: 2000-12-20
Internet in Bibliotheken
Netzpost: INETBIB _at__ ub.uni-dortmund.de
Betreff: Klassifikationssysteme fuer Linguistik
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Hallo, liebe INETBIB-lerInnen,
hiermit wende ich mich an Sie als ExpertInnen fuer
Bibliothekswesen und IuD, mit einer dringenden Bitte um
Rat betreffend das Thema "Klassifikationssysteme".
Ich bin auf der Suche nach einem (ausgefeilten) Klassifikationssystem
fuer Linguistik.
Ueber die Internet-Suchmaschine "MetaGer" ermittelte ich
eine Fuelle von Informationen (Homepages, Hinweise auf
Publikationen usw.) zu den Themen "Klassifikationssysteme",
"Inhaltserschließung" und Verwandtes.
In linguistische Datenbanken, die ich zu einem linguistischen
Informationssystem zusammenzufuehren beabsichtige, moechte ich
eine Fachsystematik / Klassifizierung (vielleicht auch mehrere?)
integrieren, die das Arbeiten mit der Datenbank
komfortabler (als bislang) gestalten soll, beispielsweise durch
unterschiedliche "Views" fuer die Literatur bestimmter Subdisziplinen
und Forschungsstroemungen. Die Datenbank ist so gestaltet, dass sie
als Bibliographie und bei Bedarf auch als Dokumentations- und
Retrievalsystem einsetzbar ist, mit Informationen ueber ausserhalb
der Datenbank gespeicherte Dokumente (beliebiger Dateiformate), die
aktivierbar sind, sofern zu einem in bibliographischen Tabellen der
Datenbank enthaltenen Titel ein digitales Dokument vorhanden ist.
Ich experimentiere noch mit verschiedenen Klassifikationsstrategien.
Herauskommen soll dabei eine handliche Loesung, die keinen unvertretbar
hohen Pflegeaufwand erfordert. Die Klassifikation soll hilfreiches
Beiwerk sein und bleiben.
Fuer wuenschenswert halte ich eine Klassifizierungssystematik,
die gleichermassen die Beduerfnisse forschender Linguisten und
Philologen (unterschiedlicher Spezialdisziplinen), Bibliothekare und
IuD-Fachleute unter einen Hut bringen moege, primaer soll sie jedoch
Forschungszwecken dienen. Es sollte eine sein, die moeglichst alle
wichtigen Bereiche der Linguistik und verwandter Faecher umfasst:
- Allgemeine Sprachwissenschaft
(Sprachanalyse, Grammatiktheorien)
- Semiotik, Semasiologie, Lexikologie, Lexikographie, usw.
- Vergleichende Sprachwissenschaft,
Sprachfamilien, Sprachgeographie, Dialektologie
- Indogermanistik (und historische Linguistik)
- Philologien (Sprache + Literatur) / Literaturwissenschaft
- Angewandte Sprachwissenschaft
(Computerlinguistik / linguistische Datenverarbeitung /
automatische Sprachverarbeitung
[mit engen Bezuegen zu Arbeitsgebieten der Informatik und
Kuenstlicher Intelligenz])
u.v.a.m.
Kennen Sie eine Klassifikation, die bereits alle linguistischen
Disziplinen einigermassen befriedigend beruecksichtigt?
Bislang habe ich mich vertraut gemacht mit einigen wichtigen und
fuer meine Zwecke durchaus hilfreichen, wenigstens
anregenden Klassifikationssystemen
(z.B. Dewey Decimal Classification [DDC], Universal Decimal
Classification [UDC], Library of Congress Classification [LCC],
Regensburger Verbundklassifikation [RVK], GHB-Systematik),
kann mich aber guten Gewissens und ohne Aenderungswuensche fuer keine
entscheiden. Gibt es an irgendeiner Bibliothek oder im Internet
verfuegbar eine Datenbank, die all die genannten Klassifikationssysteme
in Teilbereichen durch entsprechendes Datenbank-Design verknuepft, wo
sie verknuepfbar sind - und dadurch einen leichteren Vergleich
von Aehnlichkeiten und Differenzen im Detail ermoeglicht, hier vor
allem in Hinblick auf Linguistik, Philologie und Literaturwissenschaft?
RVK und GHB-Systematik, die fuer den beschriebenen Zweck aus meiner
gegenwaertigen Sicht wohl nuetzlichsten Klassifikationssysteme, liegen
mir als digitale Dokumente (HTML) vor; der Aufbau von Tabellen aus
den zahlreichen einzelnen HTML-Dokumenten gestaltet sich dennoch
muehsam und zeitaufwendig.
Die Dewey-Dezimalklassifikation halte ich zum gegenwaertigen
Zeitpunkt nicht fuer sonderlich hilfreich, weil sie mir als viel zu
grobgliedrig fuer die recht unterschiedlichen Forschungsdisziplinen
und -stroemungen der Linguistik erscheint; das Einzige, was aus
bibliothekarischer Sicht fuer sie sprechen koennte, waere wohl ihre
internationale Verbreitung. Die komplizierten numerischen Klasseme der
Dezimalklassifikation erscheinen mir jedoch nicht als sonderlich
handlich, sind nur schwer bis kaum memorierbar, und ihre konsequente
Umsetzung als Klassifikationsprinzip duerfte wohl einen recht
aufwendigen (vielleicht zu grossen) Pflegeaufwand zur Folge haben.
Am angemessensten erscheinen mir aus meiner jetzigen Perspektive
entweder eine Facettenklassifikation oder eine Spezialklassifikation
als Fachsystematik. Mindestens eine in sich stimmige und bei Bedarf
jederzeit erweiterbare Facettenklassifikation, schritthaltend mit
Forschungsstroemungen und dem Aufkommen neuer interdisziplinaerer
Spezialfaecher, wird vermutlich nicht einfach zu realisieren sein.
Mit freundlichen Gruessen
Juergen Eger
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Juergen Eger, M.A.
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