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WG: e-journals / Fernleih-Kopien



> - Sollte man Passagen in Nutzungsverträgen von Online-Zeitschriften, die
> die Fernleihnutzung ausschließen, streichen?
>
> - Welches Risiko geht eine Bibliothek ein, die einen derartigen Passus
> bereits unterschrieben hat, und dem entgegen Fernleihkopien von Artikeln
> verschickt in a) Papier-, b) elektronischer Form??

Eine der juristischen Standard-Antworten lautet: Es kommt darauf an. Das sollte 
man uns auch nicht verübeln, denn haüfig sind es gerade die Betroffenen, die 
sich dagegen wehren, Standard-Argumentationen auf ihren persönlichen Fall 
angewendet zu sehen, von dem sie natürlich meinen, er  sei besonders, also 
abweichend. Deshalb kommt es darauf an.

Da wir beim BGH solche Journale noch nicht abonnieren, sind mir die Klauseln 
nicht geläufig und es wäre schon gut, es würden hier die verwendeten 
Formulierungen einmal zusammengetragen. Manche dürften sich dann als relativ 
harmlos und unbeachtlich herausstellen, andere vermutlich wieder nicht. Auch in 
den Print-Zeitschriften gibt es häufig Urheberrechtsvermerke, die eigentlich 
nur das geltende Recht wiedergeben oder sogar gesetzwidrige und damit keine 
weiteren oder aber unwirksame Verbote aufstellen.

Man kann immer Passagen streichen, wir haben grundsätzlich Vertragsfreiheit, 
handeln meist aber auf der Basis von standardisierten Vertragsmustern 
(Geschäftsbedingungen). Die Frage ist, wer steht das länger durch? Die 
Bibliothek, die sich vor dem nörgelnden Nutzer fürchtet, der nichts bekommt, 
weil der Vertragsschluss an der Streichung gescheitert ist? Oder der Verlag, 
der mangelnden Absatz fürchten kann, wenn er nicht doch hier und da mal 
nachgibt. Auch die Nachfragerseite kann eine Marktmacht haben, wenn sie sich 
relativ solidarisch verhält und ihre Motivation transparent macht.

Risiko. Ich möchte dem Kollegen Müller nicht vorgreifen, er steht da sicher 
besser im Stoff. Bei unwirksamen Klauseln haben Sie nichts zu fürchten. Aber 
wenn Sie Zweifel haben, warum kündigen Sie nicht das Abonnement und machen 
gleichzeitig dem Verlag das Angebot, unter in Ihrem Sinne veränderten 
Bedingungen das Geschäft erneut abzuschließen?.

Die Versandform sollte keine Rolle spielen. In der Entscheidung Börsenverein./. 
TIB hat sich der BGH am Rande auch mit der Versandform beschäftigt und 
ausgeführt:
"Die elektronische Übermittlung beim Faxversand vom Faxgerät des 
Kopienversanddienstes bis zum Empfangsgerät des Bestellers fällt als solche - 
entgegen der Ansicht des Klägers - als reiner unkörperlicher 
Übertragungsvorgang (d.h. als Einzelkommunikation im Wege der 
Datenfernübertragung von Punkt zu Punkt) ohnehin nicht unter ein 
Verwertungsrecht des Urhebers (vgl. dazu Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 15 
Rdn. 26). (Fundstelle u.a. Recht, Bibliothek, Dokumentation 1999, S. 80 ff., 
97)
Da es sich bei dem von Ihnen angesprochenen Vorgang auch nur um die 
Übermittlung vom Kopienhersteller an den Auftraggeber/Empfänger  handelt , 
halte ich auch die elektronische Übermittlung als File für nicht problematisch.

Dietrich Pannier

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