Zur "Rechtschreibreform"

[Ibo Ortgies <ibo.ortgies _at__ musik.gu.se>]

"B. Eversberg" wrote:

> Die FAZ hat m.E. den psychologischen Fehler begangen, ihre Kehrtwende
> in der Rechtschreibung als Bombe ins Sommerloch platzen zu lassen, nur
> 5 Tage vor der tatsaechlichen Einfuehrung.

...

psychologischer Fehler oder nicht ...
Ist eigentlich ein gut gewählter Zeitpunkt - die Politik tritt gerade
ein wenig kürzer, und die Urlauber haben mehr Zeit zu lesen.

Die neue Rechtschreibung ist doch ganz überwiegend nur mit Widerwillen
und "Zähneknirschen" entgegengenommen worden.
Sie führt auch nicht zu größerer Vereinheitlichung, da sich viele der
großen Zeitungen, Verlage etc. ihre eigene Rechtschreibung
zusammengebastelt haben.

Die "Freigabe" bestimmter Schreibweisen zum Alternativgebrauch war das
(Eigen)-Tor, das die Rechtschreib-Kommission dieser Entwicklung selbst
geöffnet hat. Eigentlich ein gute Sache, denn Sprache kann auf Dauer
nicht eingezäunt werden.

Warum ist es eigentlich im Deutschen heutzutage nicht möglich so
flexibel zu sein, wie es andere Sprachgemeinschaften sind, oder wie es
in früheren Jahrhunderten möglich war, in denen die Verständigung auch
nicht schlechter funktionierte als im e-Mail-Zeitalter? Die
Kodifizierung ist im Deutschen ja eine recht junge Entwicklung.

Hoffentlich gehen bei der Wiederabschaffung der neuen Rechtschreibung
die wenigen sinnvollen Änderungen, z. B. die Vereinfachung der
Kommasetzung, nicht ganz den Bach herunter.

Den neu-deutschen "Spagetti" (da entspräche in etwa der deutschen
Aussprache "Spadschetti") weine ich keine Träne nach Die Schreibweise
der Eß-Stengel (neu: Stängel) war mir ohnehin ein Greuel (neu: Gräuel -
oder für Umlautfeinde noch sch-o-e-ner: Graeuel).  Ich bleibe lieber bei
originalen Spaghetti - und damit: pasta!

> Aber nun ist das passiert. Es geht trotzdem weiter:
 
> Heute frueh schon in den Nachrichten zu hoeren: der Hochschulverband
> kehrt nun auch zur alten Schreibung zurueck.

Man freut sich ja auch über gute Nachrichten :-)

Freundliche Grüße
Ibo Ortgies

Das Sommerloch kann man bei der in Norddeuutschland und hier in
Skandinavien in diesem Jahr vorherrschenden Wetterlage nur als sehr
zutreffenden Ausdruck bezeichnen.