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Neues zur R-Reform



Die FAZ hat m.E. den psychologischen Fehler begangen, ihre Kehrtwende
in der Rechtschreibung als Bombe ins Sommerloch platzen zu lassen, nur
5 Tage vor der tatsaechlichen Einfuehrung. So kurzfristig kann das 
nicht beschlossen worden sein. Das ermoeglichte Gegnern sofort den
Vorwurf der Effekthascherei, der ja auch prompt kam, und erschwert,
rein psychologisch, anderen Entscheidern in den Medien ein 
Nachvollziehen dieses Schrittes, schon wegen des unwillkuerlichen 
Neidreflexes. Welcher Zeitungsherausgeber, der auf sich haelt, mag 
denn da sogleich nachziehen? Wenn es der FAZ ernst ist mit dem 
Rechtschreib-Anliegen, und daran habe ich denn doch keine Zweifel, 
haette man anders vorgehen muessen. So wurde ein durchaus denkbarer, 
viel groesserer und schnellerer Erfolg erst einmal verschenkt und die
Debatte von den harten, unwiderlegten Argumenten fuer diesen Schritt 
unnoetig abgelenkt, die Aufmerksamkeit auf das "event" fokussiert 
statt auf die Sache.

Aber nun ist das passiert. Es geht trotzdem weiter:
 
Heute frueh schon in den Nachrichten zu hoeren: der Hochschulverband 
kehrt nun auch zur alten Schreibung zurueck.
Nacholgend ein Auszug aus der Presseerklaerung:

Der Deutsche Hochschulverband, die Berufsvertretung der Professoren 
und Privatdozenten an den deutschen Universitaeten, wird ab dem 1. 
Oktober 2000 in seinem gesamten Schriftverkehr sowie mit der 
Zeitschrift "Forschung & Lehre" ebenfalls zur bisherigen 
Rechtschreibung zurueckkehren. Diese Entscheidung hat das
Praesidium des Verbandes am 31. Juli 2000 getroffen. Sie wird solange 
aufrechterhalten bleiben, bis die Kultusminister der Bundeslaender 
sich darauf verstaendigt haben, die unerlaesslichen Korrekturen an der 
Rechtschreibereform vorzunehmen. "Vor allem die mit der 
Rechtschreibereform vollzogene Abschaffung der sogenannten
Unterscheidungsschreibungen (z. B. wieder sehen/wiedersehen) fuehrt", 
wie der Praesident des Verbandes, der Koelner Voelkerrechtler Hartmut 
Schiedermair, in Bonn erklaerte, "zu einer unertraeglichen Verkuerzung 
der sprachlichen Ausdrucksmoeglichkeiten." Die Sprache gehoere zu den 
tragenden Elementen der Kultur eines Landes, sie stehe daher 
aktionistischem Reformeifer nicht zur Verfuegung. Nicht
von ungefaehr haetten die deutschen Schriftsteller die Rueckkehr zur 
bisherigen Rechtschreibung uneingeschraenkt begruesst. Dem schliesst sich 
der Deutsche Hochschulverband durch die Tat an. Mit der Entscheidung 
seines Praesidiums fordert der Verband gleichzeitig die 
Kultusministerkonferenz auf, mit den erforderlichen Korrekturen an 
der Rechtschreibereform die deutsche Sprachkultur vor Schaden zu
bewahren.


Bernhard Eversberg
Universitaetsbibliothek, Postf. 3329, 
D-38023 Braunschweig, Germany
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