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Zitierfaehigkeit von Internetseiten
- Date: Tue, 30 May 2000 23:25:54 -0700
- From: Klaus Graf <graf _at__ uni-koblenz.de>
- Subject: Zitierfaehigkeit von Internetseiten
Ein fuer Juristen bestimmter Aufsatz von M. Willamowski in JurPC gilt
der
"Zitierfaehigkeit von Internetseiten":
http://www.jurpc.de/aufsatz/20000078.htm
Ich halte die Ausfuehrungen allerdings nur sehr bedingt fuer hilfreich.
Selbstverstaendlichkeiten werden breit angesprochen, wirkliche Probleme
aber nicht hinreichend eroertert:
- Zitieren von Teilen einer grossen Internetseite (diese aehnelt ja
einer ungegliederten Schriftrolle).
- Zitieren von dynamisch erzeugten Seiten (bzw. von Seiten in Frames,
die nicht ohne weiteres ohne diese dargestellt werden koennen)
- Zitieren von nicht allgemein zugaenglichen Angeboten, die ueber eine
WWW-Schnittstelle zugaenglich gemacht werden (bzw. Zitieren von
Online-Datenbanken).
Verfehlt sind die Ausfuehrungen zur Zitierfaehigkeit, da diese sich an
dem orientieren, was fuer wissenschaftliche Quellen zu fordern ist. Dies
uebersieht, dass es sinnvoll sein kann oder sogar geboten ist, auch ganz
und gar Unwissenschaftliches zu zitieren. W. schreibt: "Sollten
Verfasser oder Titel aus dem einzubeziehenden Dokument nicht ersichtlich
sein, wird sich der Anwender zunächst die Frage zu stellen haben, ob das
Dokument tatsächlich zitierfähig ist. Fehlen Verfasser und Titel, ist
ein Zitat
unzulässig."
Voellig unberuecksichtigt blieb der ganze Fragenbereich der
Zitiergebote. Ob ein Beleg woertlich zitiert werden soll, muss sich aus
der Sachlage ergeben. Bei woertlichen Zitaten aber schreibt Paragraph 63
Urheberrechtsgesetz (D) die Pflicht zur Quellenangabe vor. Bei
Internetquellen wird dieser Pflicht aber meines Erachtens bereits
dadurch genuegt, dass die korrekte Internetadresse angegeben wird
(sollten Verfasser und Werktitel nicht genannt werden).
Ein Zitiergebot ergibt sich ferner aus den Vorschriften von
geschriebenen oder ungeschriebenen Ethik-Codes (allgemein formuliert:
"Give appropriate credit for work done by others"). Werden Ideen oder
Informationen von anderen uebernommen, so sind diese als Urheber zu
benennen. Dies gilt auch fuer graue Literatur, die gemeinhin nicht immer
als "zitierfaehig" gilt, wie etwa Magisterarbeiten (ich erinnere nur an
die unbefriedigende BGH-Entscheidung "Staatsexamensarbeit", auch wenn
diese urheberrechtlich korrekt war).
Links zu Ethik-Codes im WWW: http://www.hanksville.org/sand/ethics/
Ich moechte also formulieren: Zitiert werden sollte das Internet immer
dann, wenn dies rechtlich oder moralisch geboten erscheint, wenn damit
eigene Aussagen belegt werden koennen oder das Zitat einen Nutzen fuer
den Leser verspricht.
***
Ueber Zitiervorschriften informiert am besten allgemein die DVB:
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/ulb/zit.html
Leider sind die meisten der dort genannten Seiten nicht mehr ganz
brandneu.
Zu ergaenzen ist dort eine Proseminararbeit von 1998:
http://www.hist.unizh.ch/gs+edv/zitieren/zitieren.htm
Auf dem Stand vom 30.5.2000 ist eine Seite des Tuebinger Instituts fuer
Politikwissenschaft:
http://www.uni-tuebingen.de/uni/spi/url9.htm#intzit
Hervorgehoben sei auch das Angebot der IFLA mit ueberwiegend
angloamerikanischen Ressourcen:
http://ifla.inist.fr/I/training/citation/citing.htm
Klaus Graf
http://www.uni-koblenz.de/~graf
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.