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Re: Dissertationen als CD-ROM/BOD



Walther Umstätter wrote:

> Ich möchte davor warnen, zu verkennen, dass das Publikationsrecht von Dissertationen
> eigentlich bei den Universitätsbibliotheken liegt. Dass ist bei Habilitationen, bei
> denen es keinen sog. Doktovater gibt, anderst.
> 
> MfG
> 
> Umstätter

Die Aussage, das Publikationsrecht von Dissertationen liege eigentlich
bei den Universitaetsbibliotheken, halte ich fuer irrefuehrend. Das
Recht der Veroeffentlichung steht nach deutschem Urheberrecht
grundsaetzlich dem Urheber zu; dieser ist frei bei der Entscheidung, ob
und wo er publiziert. Nur wenn er den Dr.-Titel fuehren moechte, ist er
genoetigt, der Universitaetsbibliothek ein Nutzungsrecht im Sinne eines
Verbreitungsrechts der ueberlassenen Pflichtexemplare einzuraeumen (bzw.
ein Recht zur digitalen Nutzung).

Die Veroeffentlichungspflicht ist gesetzlich in den Hochschulgesetzen
nur ganz allgemein fuer Dissertationen geregelt. Ich halte die gaengige
Praxis, sich auf Beschluesse der Kultusministerkonferenz zu berufen,
fuer bedenklich, da wesentliche Entscheidungen der Gesetzgeber zu
treffen hat. Die Veroeffentlichungspflicht kann als besondere Form einer
Abgabe verstanden werden, gleichsam als Gebuehr fuer eine staatliche
Leistung. Den Universitaetsbibliotheken kommt hier ein geldwerter
Vorteil in erheblicher Hoehe zugute und dies ohne irgendeine gesetzliche
konkrete Ermaechtigung! Jeder Pfennig, der als Gebuehr im
Hochschulbereich erhoben wird, bedarf einer gesetzlichen Ermaechtigung
(z.B. Rechtsverordnung) - die frueher und z.T. noch heute fuer den
Kandidaten immens kostspielige Druckpflicht aber nicht!

Was Habilitationen angeht, so gibt es Habilitationsordnungen, die eine
Veroeffentlichung vorschreiben. Es ist m.E. fraglich, ob dieser
schwerwiegende Eingriff in Grundrechte, der in den Hochschulgesetzen
keine Rechtsgrundlage findet, allein aufgrund universitaeren
Satzungsrechts rechtlich abgesichert ist! Der Hinweis auf einen
fehlenden "Doktorvater" (resp. -mutter) liegt neben der Sache - fuer die
hier zu diskutierende Problematik ist dies gaenzlich irrelevant. Auch
dem Doktorvater kommen keine Rechte an der Arbeit seines Schuelers zu. 

Bei Dissertationen und Habilitationen geht es um ein Rechtsverhaeltnis,
das hochschulrechtlich gepraegt ist (ebenso bei Pruefungsarbeiten wie
Magisterarbeiten): die ausschliessliche Kompetenz des Bundes fuer das
Urheberrecht ist nicht tangiert. Daher IRRTE der Landesgesetzgeber von
Baden-Wuerttemberg, als er in seiner Novelle zum Landesarchivgesetz eine
komplizierte Pflichtexemplarregelung aufgenommen hat. Unveroeffentlichte
Arbeiten, die als Pflichtexemplare in Archive gelangen, duerfen nur zur
Erschliessung des Archivguts verwendet werden, aber nicht vor Ablauf der
Schutzfrist des Urheberrechts (70 J. p.m.) von anderen Archivbenutzern
eingesehen werden. Die amtliche Begruendung verwies auf den Wert von
Pruefungsarbeiten fuer Archive, glaubte sich aber durch die Zuweisung
des Urheberrechts an den Bundesgesetzgeber gebunden.

MfG
Dr. Graf
http://www.uni-koblenz.de/~graf


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