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Re: Dissertationen Online und/oder Printexemplar?
- Date: Mon, 21 Feb 2000 06:48:33 +0100
- From: "Walther Umstaetter" <h0228kdm _at__ rz.hu-berlin.de>
- Subject: Re: Dissertationen Online und/oder Printexemplar?
Sehr geehrter Herr Motylewski,
Sie schrieben:
> Am Samstag 19 Feb 2000 12:16:19 +0100
> schrieb Prof. Dr. Walther Umstaetter:
> >(weil das Bibliothekswesen in Deutschland zu wenig von der
> >Wissenschaft und zu stark von Demokratie bestimmt ist)
> Das ist schon recht knapp formuliert und koennte eine nachvollziehbare
> Erklaerung vertragen, findet
> Michael Motylewski
damit haben Sie durchaus Recht.
Ich bezog mich dabei auf:
Was ist das Ziel der deutschen Bibliothekspolitik? W. Umstätter;
Bibliotheksdienst 25 (1) S.9-20 (1991)
Eine neue wissenschaftliche Basis für die Digitale Bibliothek. W. Umstätter;
Password 10/94 S.16-17 (1994)
Konzeption und Möglichkeiten des INTERNET. W. Umstätter; In:
Bibliothekswissenschaft in Berlin S.119-145, Harrassowitz Verl., Wiesbanden
(1999)
ohne zu zitieren.
Um es kurz zu sagen. Die Verwissenschaftlichung unserer Gesellschaft (die
Big Science) führt immer stärker dazu, dass wir Probleme wissenschaftlich
lösen. Lediglich die Probleme die trotzdem offen bleiben, müssen
demokratisch entschieden werden. Das führte übrigens auch dazu, dass unser
Bundeskanzler Schröder wiederholt darauf hinweist, dass es weniger eine
Frage der Parteien ist ob wir politisch dies oder jenes tun, als vielmehr
eine Frage von guter oder schlechter Politik, was man ihm auch schon
vorgeworfen hat, weil es zu einer Wählermüdigkeit führt. Die Politik lässt
sich zunehmend von der Wissenschft beraten. J.F. Kennedy tat es nach dem
Sputnikschock 1957 auch schon durch die Beratergruppe um Alvin Weinberg
1963. Die Bibliothekare waren damals sehr empört. Einer hat in den USA sogar
eine öffentliche Bücherverbrennung des Weinberg-Reports durchgeführt.
Bei den deutschen Bibliotheken ist dagegen zu beobachten, dass wir viele
Entscheidungen im
Bibliothekswesen haben, die stärker von den Neigungen der
Bibliotheksmehrheit bestimmt sind (DV-Einführung, CD-ROM-Einsatz,
Elektronische Zeitschriften, Organisationsstrukturen in den Bibliotheken,
Bibliotheksbau, etc) als von wissenschaftlich fundierten Begründungen.
1991 hatte ich vorgeschlagen (s.o) in Bibliotheken, sozusagen als
Stabsstellen, Entwicklungsabteilungen einzuführen, die den Umbruch zur
Digitalen Bibliothek strategisch wissenschaftlich vorbereiten und begleiten.
Das geschieht bis heute nur ansatzweise. Projektforschung bei DFG oder EU
sind da lediglich die ersten Schritte in die richtige Richtung.
MfG
Umstätter
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.