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Fruehneuzeit-Server (Besprechung)



Mit grossen Erwartungen fieberte man der Eroeffnung des neuen
DFG-gefoerderten Fachportals "Server fruehe Neuzeit" entgegen, die am
13.12.1999 erfolgt ist:

http://www.sfn.uni-muenchen.de/

Das Angebot umfasst:
Literaturdienst
Rezensionen
Hexenverfolgung
Schwerpunkt Krieg & Gesellschaft (under construction ...)
Link-Empfehlungen (ganze 8 weiterfuehrende Links)

Eine Volltextsuche (ohne Literaturdienst!) ist moeglich.

Die Gestaltung ist funktional und uebersichtlich und auch fuer einen
aelteren Browser (Netscape 3) darstellbar, was einen Pluspunkt bedeutet.

Zu den einzelnen Angeboten:

Literaturdienst (Bayerische Staatsbibliothek)
Verschlagwortete Neuerwerbungslisten (Sept.-Nov. 1999) der BSB und eine
Zeitschriftenschau in der doch etwas gewoehnungsbeduerftigen Gestaltung
des Muenchner Digitalisierungszentrums. Die Zeitschriftenschau umfasst
eine willkuerlich anmutende Auswahl von 18 Periodica (=seit Mitte 1999
eingegangene Hefte), wobei teils gescannte Inhaltsverzeichnisse (nicht
durchsuchbar!), teils Abstracts vorliegen. Die Zeitschrift fuer
historische Forschung fehlt beispielsweise und somit, wie jeder weiss,
ein ganz zentrales Organ, desgleichen das Archiv fuer
Reformationsgeschichte usw. Der Nutzen haelt sich also vorerst in
Grenzen.

Rezensionen (in Kooperation mit H-SOZ-U-KULT)
15 konventionelle Buchbesprechungen, keine einzige CD-ROM. Also kein
"innovatives Konzept"!

Hexenverfolgung
Das auf Erweiterung ausgelegte Hexenlexikon (Personen, Regionen/Orte,
einzelne Sachthemen) bietet bereits jetzt eine Fuelle fundierter,
ueberwiegend wissenschaftlich abgesicherter Informationen, auch wenn ein
Schwerpunkt Lippe/Lemgo und Lothringen derzeit noch nicht zu uebersehen
ist. Verknuepfungen mit externen Angeboten fehlen leider: So ist der in
den Literaturangaben zu Augustin Lerchheimer zitierte Artikel im
Bautz'schen Kirchenlexikon auch online zugaenglich:
http://www.bautz.de/bbkl/l/Lercheimer.shtml
Im Artikel ueber Vorarlberg ist die Literaturangabe "Verschiedene
Aufsätze in der landeskundlichen Zeitschrift "Montfort" 1995-1999" wenig
hilfreich. In anderen Artikeln ist ueberhaupt keine weiterfuehrende
Literatur angegeben worden (z.B. Vorderoesterreich).

In der Rubrik "Verfasser" (der Lexikonartikel) findet man keine
Mailadressen, noch nicht einmal korrekte Postanschriften! Bei M. R. Zeck
(Artikel Rottweil) steht gar nichts.

Die Bildsammlung umfasst v.a. zeitgenoess. Druckgrafiken aus den
Bestaenden der BSB. Eine Einordnung nach IconClass ist erfolgt. In den
Kuenstlerbiographien weist der Artikel Baldung sachliche Fehler und
veraltete Literaturangaben auf. Es sind keine Online-Ressourcen
angegeben.  Noch unzulaenglicher ist der Artikel Duerer - wenn denn
Duerer im Rahmen des Hexen-Schwerpunkts biographisch kurz vorstellt
werden soll, dann sollte dies aufgrund der massgeblichen Literatur und
mit Links zu gehaltvollen WWW-Angeboten erfolgen.

E-Texte zum Thema Hexenverfolgung werden leider nicht bereitgestellt.

Eine Bibliographie auch nur der wichtigeren deutschen Arbeiten zum
Hexenthema wird vermisst. Statt dessen findet man zwei kleine
Bibliographien (Hexenliteratur im Nachlass des Medizinhistorikers und
Weyer-Forschers Carl Binz; Bibliographie zu Johann Weyer - mit
BSB-Signaturen, aber ungewohnter Zitierweise bei Sammelbaenden!). Ein
Ueberblick zur Forschung ueber Weyer ist im Lexikon enthalten, leider
aber noch keine Kurzinformation ueber sein Leben und Werk.

Der Linkkatalog ist nuetzlich, man haette sich aber eine
differenziertere Erschliessung der einzelnen Angebote gewuenscht
(insbesondere Aufnahme der einzelnen Volltext-Artikel der Angebote von
Becker, Decker, Nix). Die informativere Linksammlung des Witchcraft
Bibliography Projects
http://www.hist.unt.edu/witch03.htm
wird nicht eigens erwaehnt - es fehlt eine hierarchisierende Bewertung
der Angebote.

Unverstaendlich sind Luecken, z.B. die Seiten Best Witches von Joan
Pontius
http://www.rci.rutgers.edu/~jup/witches/
oder von Rune Hagen
http://www.ub.uit.no/ansatte/rune/hagen.htm

Waehlt man die Gruppe "Raeume" an, so ist hier als zusaetzliches
Kriterium "Wissenschaftlichkeit" (neben "Relevanz" und "Erschliessung"
[was immer das ist]) zu finden. Dass die mehr als duerftige
Praesentation des AKIH drei Sterne unter Relevanz und zwei unter
Erschliessung erhaelt, haengt wohl mit personellen Verflechtungen
zusammen. Positiv ist die Aufnahme von Artikeln aus E-Journals zu
werten.

FAZIT: Der FNZ-Server ist ein begruessenswertes neues Angebot, aber auch
im Muenchen wird nur mit Wasser gekocht.

Dr. Klaus Graf
Homepage Stadt Adel Region mit Rubrik Hexenforschung
http://www.uni-koblenz.de/~graf


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.