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Libraries and Democracy



         Vom 23.-25. November 1998 fand in Strassburg eine Konferenz des 
         Europarats statt zum Thema
         
         "LIBRARIES AND DEMOCRACY:
         The Responsibilities of the State, Local Authorities and 
         Professionals".
         
         Bibliothekare und Kulturpolitiker aus 30 Mitgliedstaaten des 
         Europarats erarbeiteten in diesen 3 Tagen auf der Grundlage der 
         Ergebnisse verschiedener Initiativen des Europarats den Entwurf 
         einer Reihe von Empfehlungen in Bezug auf eine - angestrebte oder 
         zu aktualisierende - Bibliotheksgesetzgebung fuer die einzelnen 
         europaeischen Staaten.
         
         Die Empfehlungsentwuerfe umfassen 4 Kernbereiche sowohl des 
         traditionellen Auftrags von Bibliotheken wie auch ihrer neuen 
         Verpflichtungen:
         1. Freie Meinungsaeusserung und freier Zugang zur Information
         2. Bibliotheken im Kontext nationaler Informationspolitik
         3. Bibliotheken als aktiver Teil der Buch- und Informationskette
         4. Schutz des schriftlichen Erbes.
         
         Dass freier Zugang zur Information, verankert in Artikel 10 der 
         europaeischen Menschenrechtskonvention, selbst in traditionell 
         demokratischen Staaten keine Selbstverstaendlichkeit ist, wurde 
         von Jean-Louis Gautier-Gentès, dem Generalinspektor der 
         franzoesischen Bibliotheken durch die Erinnerung an den Einfluss 
         der rechtsextremistischen Partei "Front National" auf die 
         Bestaende Oeffentlicher Bibliotheken in Suedfrankreich 
         verdeutlicht sowie durch einen beeindruckenden Vortrag von Judith 
         Krug von der American Libraries Association ueber den von 
         Praesident Clinton unterzeichneten "Communications Decency Act", 
         der zum Schutz vor Kinderpornographie eine Kontrolle des Zugangs 
         zum Internet gesetzlich regeln sollte.
         
         Die finnische Bibliothekarin und Mitglied des Europaparlaments, 
         Mirja Ryynänen praesentierte ihren Bericht ueber die Rolle der 
         Bibliotheken in der modernen Gesellschaft, der in ein Communiqué 
         mit Empfehlungen fuer die EU-Staaten muenden soll. Sie hob 
         hervor, dass die Bibliotheksthematik im Kontext der 
         Informationsgesellschaft insofern eine herausragende Rolle 
         spiele, als sie diese, bislang zu einseitig oekonomisch und 
         technologisch akzentuiert, unter Kultur- und 
         Demokratiegesichtspunkten zu gestalten helfe. In Bibliotheken 
         investieren, sagte Frau Ryynänen, heisse in die Demokratie 
         investieren.
         
         Dass freier Zugang zur Information nicht unbedingt kostenfreier 
         Zugang heisst, war unumstritten. Darueber, wer zahlt, der Staat 
         oder der Buerger oder beide, und ob der politische Grundsatz 
         durch Hinweis auf oekonomische Notwendigkeiten nicht von 
         vornherein pervertiert werde, wurde allerdings kontrovers 
         diskutiert.
         
         Von Emotionen gepraegt, zugleich aber auch vom Willen geleitet, 
         den Blick in die Zukunft zu lenken, war der Gedankenaustausch 
         ueber ein Thema, das im Zusammenhang mit dem Schutz des 
         schriftlichen Erbes behandelt wurde. Die Frage, wie mit den im 
         Zuge des Zweiten Weltkriegs verbrachten Bibliotheksbestaenden 
         (displaced collections) umgegangen werden soll, wurde unter der 
         Diskussionsleitung der Moskauer Generaldirektorin der Bibliothek 
         fuer Auslaendische Literatur, Ekaterina Geniewa einmuetig 
         dahingehend beantwortet, dass Zugaenglichkeit und Konservierung 
         dieser Buecher zur Zeit Vorrang haben sollten vor der 
         Standortbestimmung.
         
         Die auf der Konferenz ausgearbeiteten Grundsaetze zur 
         Bibliotheksgesetzgebung werden nach ihrem Gang durch die 
         Instanzen des Europarats und schrittweisem Verlassen ihres 
         Entwurfscharakters den Regierungen der Mitgliedstaaten vom 
         Europarat empfohlen werden.
         
         Aus Deutschland haben zwei Experten an der Konferenz 
         teilgenommen: Prof. Dr. Bernd Hagenau, Direktor der 
         Saarlaendischen Universitaets- und Landesbibliothek Saarbruecken 
         und  Dr. Bernd Maassen, Leiter der Abteilung Planung und 
         Kontrolle Der Deutschen Bibliothek.
         Das Goethe-Institut war als Beobachter eingeladen.
         
         
         Christiane Bohrer
         GOETHE-INSTITUT / Zentralverwaltung
         Leiterin des Bereichs
         Informationsarbeit: Planung und Steuerung
         Helene-Weber-Allee 1
         80637 Muenchen
         Tel. 089/159 21 274
         Fax: 089/159 21 237
         E-Mail: bohrer _at__ goethe.de
         



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