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Fuer das DBI oder gegen Heinz Marloth?



Wie einstens Perseus schuetzend vor Andromeda trat, stellte sich
juengst in der LIB-L ein Recke aus dem Norden vor uns Mitglieder des
bibliothekarischen Berufsstandes und schmetterte dem uns immer wieder
attackierenden giftspeienden Drachen unerschrocken die markigen Worte 
entgegen:

> Sehr geehrter Herr Marloth,
> 
> ich haette gern mal gewußt, was Sie antreibt uns Bibliothekaren
> derartiges Zeug aufzutischen und Sie bitten in Zukunft die
> bibliothekarischen Listen zu meiden. Der Ton mit dem Sie mit allen
> bibliothekarischne Mitarbeitern reden ist mehr als unerfreulich und
> unhoeflich.

Gut gebruellt, Loewe! und so schloss sich auch ganz bald auch eine 
Stimme aus dem Westen an und legte kraeftig nach, offen und direkt, 
wie es einem mutigen Mann geziemt:  "WARUM schreiben Sie nicht ...", 
"WARUM haben Sie keinen ...", "WARUM schreiben Sie nicht mehr ...", 
und dann wohl des Angesprochenen kapitalstes Vergehen brandmarkend: 
> WARUM sind sie aus der HEINZ-list ausgestiegen, obwohl [etc. etc.]

Da das Drachengift auch ueber das Berliner "Institut fuer 
Bibliothekswissenschaft" spritzte, meldete sich danach auch Herr 
Umstaetter  - und zwar mit begruendeten sachlichen Berichtigungen -  
zu Wort, nicht ebenso begruendet den Drachen aber gleich auch allen 
Moeglichens bezichtigend  ('Eitelkeit' etwa ist ja nun nicht gerade 
etwas, von dem behauptet werden kann, es haette diese Eigenschaft 
H. M. ganz allein nur fuer sich gepachtet). Erfreulicherweise leitet 
Umstaetter dann aber schliesslich ueber:

> Damit komme ich auf den eigentlichen Punkt:
> 
> Das beim "alten" dbi kaum noch etwas zu retten ist, scheint mir nach 
> den Hinweisen von Herrn Borchardt klar.
> 
> Entscheidend ist aber die Tatsache, was nun geschen muß.
> Die Nachfolge muss geklärt werden.
> Sie darf neu sein, darf besser sein, darf, wo sie gut war, auch 
> gleich sein, ihre Planung darf aber jetzt keinesfalls verschlafen 
> werden.


Dass beim "alten" DBI kaum noch etwas zu retten ist, duerfte 
tatsaechlich ziemlich klar sein. Dass "jetzt keinesfalls verschlafen 
werden" duerfe, ist nicht nur ziemlich, sondern  _voellig_  klar.  
Aber wer, bitte, weckt die allzu vielen bisherigen Ver-Schlaefer, 
und -  wer von diesen vielen Schlaefern hat im uebrigen  _wirklich_ 
geschlafen oder nicht vielleicht bloss stillgehalten in der geheimen 
Hoffnung, dereinst ein Stueck vom Kuchen DBI noch fuer sich selbst
erhaschen zu koennen?


Unter "Das Deutsche Bibliotheksinstitut nach der Evaluierung 
durch den Wissenschaftsrat" stellt es die Ereignisse ab dem 
Fruehjahr 1997 unter

<http://www.dbi-berlin.de/dbi_inf/wr/wr.htm>  

vor und bringt im Anschluss daran auf der gleichen Seite noch 
eine offenbar doch wohl vollstaendige Auflistung von "Reaktionen 
der Fachoeffentlichkeit", beginnend mit einem "Brief 
wissenschaftlicher Bibliotheken" vom 22.8.1997 an die Frau Vorsaitzende 
des Wissenchaftsrates bis hin zu einer, wie angenommen werden kann, 
zeitlich letzten Reaktion, einem "Brief des Vereins Ungaricher 
Bibliothekare" vom 28.9.1998 an den Herrn Staatssekretaer Professor 
von Pufendorf, den Vorsitzenden der in der Zwischenzeit von der KMK 
eingesetzten Bund-Laender-Arbeitsgruppe. 


Das heisst aber im Klartext,

dass seit dem 28. September  _des Vorjahres_  , also seit einem 
vollen Jahr und in einer fuer jeden Sehenden hoechst dramatischen 
Situation, bibliothekarischerseits ueberhaupt nicht mehr reagiert
worden war,

dass etwa seitens der Fachvereinigungen meines Heimatlandes  - 
also weder von der "Vereinigung Oesterreichischer Bibliothekarinnen 
und Biblothekare" noch vom "Buechereiverband Oesterreichs" (der die
Interessen der oeffentlichen Bibliotheken Oesterreichs vertritt)
-  ueberhaupt  _niemals_ , und schon gar nicht gemeinsam, ein 
Vorstoss gemacht worden war und dies auch bei den inzwischen zwei
Treffen von VDB und VOEB offenbar kein Thema gewesen war (auch
dem Bericht ueber das zweite Treffen, in Tuebingen im April ds. Js.,
im neusten "VdDB/VDB/Rundschreiben" S. 5/6 ist nichts dergleichen
zu entnehmen),

dass  - noch viel unverstaendlicher -  nichts von einem Vorstoss
der beiden bundesdeutschen Verbaende von Bibliothekaren an
wissnschaftlichen Bibliotheken, VdDB und VDB, zu hoeren war, weder
von wenigstens einem der beiden, geschweige denn von einem 
gemeinsamen, wozu es wahrhaftig keiner Fusion bedurft haette,

dass es im uebrigen  - was aber schon gar nicht mehr ins Gewicht
faellt und nur die durchgehends mangelnde Koordinierung aufzeigt -
"Gemeinsame Stellungnahmen" nur  _von_ , aber in beiden Faellen 
nicht  _der_  Arbeitsgemeinschaften wissenchaftlicher 
Spezialbibliotheken gegeben hat,

dass also summa summarum zugunsten diversester partikularistischer
Interessen  _allergruendlichst_  geschlafen worden ist.


Meine eigene spezielle Verbundenheit mit dem DBI geht auf das Jahr 
1991 zurueck, als der "BIBLIOTHKSDIENST" meinen Artikel "Die 
vertane Chance RAK-WB und die deutsche Einheit : ein Oesterreicher 
nimmt Stellung" (in H. 3) gebracht hat.  Das war, als eine maechtige 
Gruppe bundesdeutscher Simplifikatoere die gemeinsam von den 
zustaendigen Kommisssionen der BRD, der DDR und Oesterreichs 
erstellten neuen "Regeln fuer die alphabetische Katalogisierung"
auf dem Weg ueber KRAK zu RAK-WB kurzsichtigst verschlimmbesserten,
jeden Widerstand im eigenen Land niederwalzten und weder auf die 
damals schon todkranke oesterreichische Vetreterin noch auf die 
Kollegen aus der DDR Ruecksicht nehmen zu muessen meinten. Was die 
RAK-WB betrifft, ist man inzwischen daraufgekommen, wie unsinnig die 
damals als arbeitssparend hochgepriesene Vornamenregelung war und 
wie sich dank Normdateien Genauigkeit und Arbeitsersparnis sehr wohl
vereinigen laesst. Ebenso mit Verspaetung daraufgekommen ist man 
aber auch, wie himmelblau-naiv man die rauhe Wirklichkeit 
unterschaetzt hatte, als man, "als sichtbares Zeichen der 
zuversichtlichen Hoffnung auf eine Wiedervereinigung, etwa den
Neubau der Staatsbiblohek Preussischer Kulturbesitz wie schon anderer
kultureller Institutionen in groesstmoeglicher Naehe der Zonengrenze 
und dem verbliebenen Stammhaus ... der vormaligen Preussischen
Staatsbibliothek errichtet" hatte (S. 347 des zitierten Artikels).
Wo im kommenden erneuerten Berlin die Kulturmeile nach "Unter den
Linden" laufen sollte, hat sich, wie bekannt (das andere ist wohl
bereits voellig vergessen) Daimler-Benz eingekauft ...

Zuruck zur Frage: "Fuer das DBI oder gegen Heinz Marloth" greife
ich aus dessen vom 9. September zwei Saetze heraus:

> 2.  ein nützlicher beitrag zur dbi-diskussion wäre gewesen, sich mit 
> dem gutachten des wissenschaftsrats über das dbi im einzelnen zu 
> befassen und daraus folgerungen für die zukunft zu ziehen. 
> allgemeines bla-bla hilft bei der enstandenen situation wenig.

und aus seiner Mail vom 10., einen Tag spaeter und IMHO nicht weniger 
richtig (es ging, unter dem mehrfach verwendeten Betreff "Zukunft des 
DBI", zwischen den Herren Marloth und Umstaetter u. a. um eine 
Kontroverse hinsichtlich der richtigen Zuordnung der Begriffe 
"Verwaltung", "Administration" und "Management"):

> im übrigen würde ich vorschlagen, dass die diskussion bei den 
> problemen des dbi > bleibt und nicht durch ihre quisquilien verdrängt 
> wird. wir werden ohnehin bei der ifla-konference im jahre 2003 
> probleme damit haben, den ausländischen delegierten zu erläutern, 
> warum ein so reiches land wie deutschland so gut wie keine 
> vorzeigbare bibliotheks-infrastruktur aufweist.


Aus dem schon kurz erwaehnten Brief an die Vorsitzende des 
Wissenschaftsrates, den ihr mit Datum vom 22. 8. 1997 16 "Direktoren 
grosser wisenschaftlicher Bibliotheken" uebermittelt haben (warum 
nicht eine geschlossene Direktorenkonferenz?) und der unter 
<http://www.dbi-berlin.de/dbi_inf/wr/schipan.htm>
zu finden ist, sei auszugsweise zitiert:

> In einer Zeit des revolutionären Umbruchs in der Daten- und
> Informationstechnik sollte dieses Institut nicht in Frage gestellt 
> werden. Vielmehr sind gerade in diesem Bereich verstärkte gemeinsame
> Anstrengungen nötig, wozu die wissenschaftlichen Universal- und 
> Spezialbibliotheken auch in Zukunft ihren Beitrag leisten werden. 
> Eine Schließung des DBI würde die erfolgreich laufende Arbeit abrupt 
> beenden und die Leistungsfähigkeit des deutschen Bibliothekswesens 
> insgesamt nachhaltig und dauerhaft schädigen.

Was hat sich seit vor zwei Jahren an dieser Einschaetzung geaendert, 
was war der Grund, dass sich z. B. nicht ein Jahr spaeter, und noch 
viel nachdruecklicher und geschlossener, die "Direktoren grosser 
wissenschaftlicher Bibliotheken" zu Wort gemeldet haben? Was ist mit 
den neuen  _Direktorinnen_  (unter den damaligen Unterzeichnern
scheint keine einzige Frau auf, ein Jahr spaeter und, bei Ausweitung 
auf mehr als die damaligen 16 Biblotheken, haette es bereits eine 
ganze Reihe sein koennen)? Eine neuerliche, nachdruecklichere 
Stellungnahme aus dem ereich der wissenschaftlichen Bibliotheken 
waere umso angebrachter gewesen, als eines der Argumente fuer die 
Streichung des DBI von der "Blauen Liste" nach meiner Meinung das 
schwerwiegende folgende gewesen hat sein koennen (zumindest, wenn man 
seinen Parkinson kennt, und was erfahrungsgemaess bei Entscheidungen 
ausschlaggebend ist): 

> Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden die Beratungsdienste des DBI in 
> erster Linie von Öffentlichen Bibliotheken, und zwar vor allem von 
> kleinen Öffentlichen Bibliotheken, genutzt.

Quelle: >http://www.dbi-berlin.de/dbi_inf/wr/wr/bewertg.html> sub
"Abteilung II - Beratung, Information".


Zum ueberfaelligen Abschluss weise ich auf die  _einzige_  Stelle hin,
wo jedenfalls ich etwas zum DBI im neuen VdDB/VDB/Rundbrief (1999/3) 
habe finden koennen, naemlich, im "Auszug aus der Eroeffnungsrede", 
die Herr Hilgemann auf dem Freiburger Bibliothekartag gehalten hat 
(S. 31-33). Im letzten Absatz der dritten Spalte von S. 31 spricht er 
von "noch etwas, was ich nun partout nicht verstehe" -  bitte lesen 
Sie den sich mit paar Zeilen noch auf S. 32 hinueberziehenden Text 
selbst, er ist noch nicht via Internet verfuegbar und somit fuer mich 
nicht auf einfache Art in toto zitierbar:

"Warum zerschlaegt man nun das Deutsche Bibliotheksinstitut? 
 Warum gilt nicht eines unserer sachlichen, bibliothekarichen,
 im Sinne der Bibliotheken und vor allem im Sinne der Nutzer der
 Bibliotheken vorgetragenen Argumente fuer das DBI?

Warum wohl? Weil von Anfang an  - wie aus der mehrfach erwaehnten
DBI-Uebersicht "Reaktionen der Fachoeffentlichkeit" hervorgeht -
nicht koordiniert, ueberlegt und mit groesstem Einsatz vorgegangen 
worden war. Was jetzt, so meine ich, noch getan werden kann und 
worauf alle Kraefte konzentriert werden sollten, ist wohl, das 
"Konzept ueber unverzichtbare bibliothekarische Serviceleistungen"
zu unterstuetzen, ueber das unter der nachfolgender URL zu lesen
steht:
<http://www.dbi-berlin.de/dbi_inf/wr/anmkonz1.htm>. 
Gelingt es nicht, die hier vorgestellte, von dee Arbeitsgruppe der
KMK entworfene "Informations- und Serviceagentur" Wirklichkeit
werden zu lassen, verdienen wir wirklich nichts besseres, als die
Beschimpfungen durch Herrn H. M.  

Mit freundlichen kollegialen Gruessen
Hans Wagner
Wien-Bremen-Wien

der jeden Tadel wegen der Laenge der Mail auf sich
zu nehmen bereit ist, fuer etwaige textliche
Schnitzer und stehengebliebene Tippfehler aber um
Vergebung bittet.

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Dr. Hans Wagner
Hoher Markt 5/28
A-1010 Wien
FON: +431 533 05 38
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e-mail: hans.wagner _at__ teleweb.at
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