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Re: Artikel Raubmord in Berlin oder Das Ende des DBI



Sehr geehrter Kollege Kummer,

obwohl ich Ihre Verstimmung hinsichtlich des DBI leider nur zu gut
nachvollziehen kann,
bin ich mit der Wahl des Wortes Raubmord etwas zurückhaltender.
Ich beschränke es grundsätzlich auf menschliches Leben.
In der Sache stimmen wir natürlich voll überein.

Bei der Ursachenforschung scheint mir wichtig zu sein, dass das alles insofern
etwas mit dem Bibliothekswesen zu tun hat, als man die Bedeutung
eines modernen Bibliothekswesens in Deutschland innerhalb und außerhalb des
Bibliothekswesens nicht erkennt.

Außerhalb der Bibliotheken, weil die Laien (und damit auch die Politiker und
andere Entscheidungsträger)
den etwas schlichten Glauben haben, die Bibliothekare hätten noch nicht erkannt,
dass man mit der
Verbreitung des Internets keine Bibliotheken mehr braucht.

Innerhalb der Bibliotheken, weil man sozusagen den Glauben aufgegeben hat, das
Bibliothekswesen können
hierzulande in absehbarer Zeit noch eine wirklich entscheidende Rolle für Staat
und Gesellschaft
(insbesondere für die Wissenschaftsgesellschaft) spielen.

Nachdem in Rom das Bibliothekswesen über knapp zwei Jahrhunderte zerfiel, trat
das sog. finstere Mittelalter ein.
Als die USA die Modernisierung ihres Bibliothekswesens bis 1957 kurzzeitig
vernachlässigt hatten,
erhielten sie als Quittung den Sputnik Schock. 1963 legten sie dann im
Weinbergreport den Grundstein zur
Digitalen Bibliothek. Seit dem sitzen sie wie die Fürsten des Zweistromlandes an
den Quellen der Informationsströme
Euphrat und Tigris (Insider werden wissen was ich meine).
In Deutschland kann die Meritocracy nicht Fuß fassen, weil die die unten sind
nicht vom Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen können. Sie haben keine Bücher,
keine PCs, keine Zeitschriften,
keine Lernsoftware, keinen Zugang zum Internet, dafür aber um so mehr Frust (wie
das so treffend heißt).
PISA lässt grüßen.

Es ist ja bekanntlich nicht nur das DBI, sondern die gesamte
Bibliothekswissenschaft,
die in Deutschland so gut wie keine Chance hat.

Verdeckter Raubmord findet aus meiner Sicht in viel größerem Maßstab bei den
hungernden dieser Welt statt,
denen zuerst der Zugang zum publizierten Wissen der Welt in der Digitalen
Bibliothek versagt wird,
und die dann ihr Leben vorzeitig verlieren. Das gilt für alle Länder. In den
unterentwickelten ist das Problem
allerdings tausend mal größer als hier. Das Henri Lafontaine vor 90 Jahren den
Friedensnobelpreis dafür erhielt,
dieses Desaster zu verhindern, daran erinnert sich fast niemand mehr. Das war
wahre Bibliothekswissenschaft.


MfG

Umstätter


Kummer wrote:

> Lieber Herr Ziegler,
>
> das Bild vom Raubmord ist bewußt gewählt. Den Räuber interessiert das Opfer
> nicht, er will lediglich etwas in seinen Besitz bringen, was ein anderer
> hat. Einem Bienenzüchterinstitut oder einem Theaterinstitut oder...wäre es
> ebenso ergangen, wenn diese einen Blau-Liste-Platz innegehabt hätten. Der
> Räuber nimmt keine Rücksicht, er ist die Unmoral in Person und er staunt
> bestenfalls über das Trara, was um sein Opfer veranstaltet wird. Für ihn war
> nur maßgebend, dass er "mit a l l e n
> M i t t e l n" den Blaue-Liste-Platz freibekommt - und das hat er auch
> geschafft! Und zwar straffrei und mit einer dicken Pension belohnt. Da dabei
> sein Opfer nicht überlebte, wurde aus dem Raub ein Raubmord. Das alles hatte
> kaum etwas mit dem Bibliothekswesen zu tun, sondern damit, dass die Väter
> des DBI den Platz auf der Blauen Liste als sichere Finanzierungsgrundlage
> gewählt hatten und dieser Platz die Begehrlichkeit eines Räubers weckten,
> der alle Machtmittel besaß, sein Ziel zu erreichen.
> Daß dem Raubmörder dabei auch Berufskollegen vielleicht unwissentlich oder
> gar wissentlich geholfen haben, ist ein offenes Geheimnis, wobei mir z.B.
> die Beweggründe der bibliothekarischen Mitglieder der AG Bibliotheken des
> Wissenschaftsrates (Dugall-Frankfurt, Frankenberger-Augsburg) unbekannt
> sind. Sie waren wahrscheinlich direkt beteiligt an der Formulierung der
> "Wissenschaftspolitischen Stellungnahme", die entgegen dem Gutachten die
> Schließung des DBI vorsah und so auch vom Wissenschaftsrat am 14.11.97
> beschlossen worden ist. Allerdings muß man nüchtern konstatieren, dass die
> Raubmörder mit so einer Machtfülle ausgestattet waren, dass sie sich wohl
> auch nicht von widersetzlichen Bibliothekaren hätten abhalten lassen - deren
> Mitwirkung hat den Raubmord bestenfalls erleichtert.
> Also: die Physiker haben wie das Bibliothekswesen nur indirekt mit dem
> Vorgang zu tun - es war die politische Entscheidung von Peter Radunski und
> wurde gemanagt von Erich Thies.
> Nachsatz: Diese Darstellung ergänzt das "realsatirische Lehrstück über
> Macht", sei also vorsorglich unter Kunstvorbehalt gestellt. MfG Dietmar
> Kummer



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