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Re: AW: Ein einziges Eingabefeld



Am Montag, 12. Mai 2003 15:27 schrieb Bernhard Eversberg:
> Aber nochmal: Nutzer sieht eine Eingabezeile, die ihn entfernt an Google
> erinnert. Schon denkt er - nein: er denkt nicht, sondern uebertraegt
> unreflektiert seine Erfahrung (in der es das eine oder andere
> Erfolgserlebnis gab!) auf diese neue Situation und denkt (nein denkt nicht,
> sondern verhaelt sich so, als haette er gedacht) "Aha, auch sowas wie ne
> Suchmaschine." Und genau das ist der Punkt, er soll durch ein ganz anderes
> Erscheinungsbild von dem verhaengnisvollen Kurzschluss ferngehalten werden
> und moeglichst dann anfangen, wirklich zu denken. Noch schlimmer ist, wenn
> er dann wirklich, trotz des falschen Schlusses, ein (wenn auch nur
> vermeintliches) Erfolgserlebnis hat. Dann wird er boese, wenn er irgendwie
> merkt, dass bei Katalogen doch wohl nicht alles so ist, wie bei
> Suchmaschinen. Und sieht ueberhaupt nicht ein, warum das wohl so sein
> sollte, und alle unserer Erklaerungen sind immer viel laenger als seine
> Geduld. Das nuetzt weder ihm selber noch uns. Das muss von vornherein
> vermieden werden, und das geht nur durch ein konsequent eigenes,
> selbstbewusstes, nicht nachaeffendes, der Sache angemessenes
> Erscheinungsbild. Der unausgesprochene, unbewusste Fehlschluss "na das kenn
> ich doch" kann nur so vielleicht vermieden werden.

Sehr geehrter Herr Eversberg,

ihr Plädoyer für Spezial-OPACs und gegen ein einziges Eingabefeld scheint ein 
wenig fehlzugehen und die Vorstellungen der Nutzer beiseite zu schieben.
Auch ein OPAC, wie auch eine Suchmaschine, wird immer ein System zur 
Informationsgewinnung ("information retrieval") sein. In der Wissenschaft der 
Informationsgewinnung geht es immer um dieselben Kernprobleme: 1. Was ist 
Relevanz, wie bekommt man die Relevanz der Dokumente definiert 2. Wie wird 
ein Computersystem aufgebaut, das Fragen des Nutzers entgegennimmt und 
beantwortet 3. Wie werden die Anfragen gefiltert und verarbeitet sowie 4. wie 
werden die Ergebnisse zusammengestellt und aufbereitet.

Meine Überzeugung ist, dass sowohl OPACs wie Suchmaschinen aller Art diese 
Aufgaben optimal und effizient lösen müssen. Ob es sich um strukturierte 
Katalogdaten, Volltexte, oder Multimedia handelt, ändert nichts an den oben 
aufgeführten Anforderungen. "Kurzschlüsse" oder dergleichen bei Nutzern 
konnte ich bislang zum Glück nicht beobachten, allerdings viele OPACs, die 
die oben genannten Anforderungen in mancherlei Hinsicht nur ganz miserabel 
erfüllen und trotzdem unbedarften Nutzern vorgesetzt werden. Dass dabei 
Nutzer unzufrieden werden und mit vertretbarem Aufwand nicht zum Ziel kommen, 
sollte nicht verwundern. 

Mit einem Verweis auf quasi natürliche OPAC-Besonderheiten ist den Nutzern 
dann auch nicht geholfen. Denn wenn der Nutzer nicht zum Ziel kommt, ist das 
System aus der ihrer Sicht überflüssig bzw. sinnlos. Stattdessen sollte man, 
will man die Zahl der Nutzer erhöhen, den OPAC durch ein besseres System 
ablösen, wobei sich aus ergonomischen Gründen der Benutzerführung die 
Gestaltung mit einem Eingabefeld als vorteilhaft erwiesen hat (Stichwort: 
KISS - "keep it simple, stupid"), bzw. nur noch denjenigen vorsetzen, die auf 
einen Spezial-OPAC angewiesen sind. Moderne Suchmaschinentechnologien haben 
sich allerdings in den letzten Jahren als überlegen herausgestellt und werden 
von unbedarften Nutzern als immer selbstverständlicher vorausgesetzt - auch 
bei der Suche nach Büchern.

Zur Anforderung 1 für die Klärung der Relevanz wäre also erst einmal zu 
fragen: Ist ein OPAC ein Katalogzugang? Oder eine Maschine zur Katalogsuche? 
Oder ein Werkzeug zur Gewinnung einer Fülle von weiteren Informationen aus 
einem Katalog, für Experten und/oder Nichtexperten, mit entsprechendem 
Mehrwert?

Viele Grüße

Jörg Prante

-- 
Jörg Prante
Dipl.Inform.
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