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Re: Rundfunkbeitrag zur Novelle des Urheberrechts
In der SWR2-Sendereihe "Campus - Aus Forschung und Wissenschaftspolitik"
wurde am Samstag vormittag (5.4.) unter dem Titel
Fachzeitschriften vor dem Aus? - Verleger protestieren
gegen die Novelle des Urheberrechts. / Beitrag von Klaus Herbst
http://www.swr.de/meta/swr2/campus/70790.28_64s.rm.ram (7 min.)
ein Beitrag zur Urheberrechtsreform gesendet, in der Dr. Harald Müller,
Bibliotheksdirektor am Max-Planck-Institut für ausländisches Recht und
Völkerrecht, Heidelberg und Mitglied der Rechtskommission des DBV und
Prof. Dietrich Götze, Geschäftsführer d. Springer-Verlags zu Wort kamen.
"Den Verlegern", so hieß es in der Einleitung des Sprechers, "waren die
Kopierer schon immer ein Dorn im Auge. Aber wenigstens mussten die
Universitätsbibliotheken noch einige wenige Exemplare von Büchern und
Zeitschriften als Kopiervorlage kaufen, und von jedem Groschen, den man
einwarf, wanderte wenigstens ein Bruchteil als Pauschale an die
Verwertungsgesellschaft Wort und schließlich in die Taschen der Urheber
von Büchern und Zeitschriften- Artikeln."
Harald Müller skizzierte eingangs knapp die Zielrichtung von § 52 a
und nannte ein Beispiel, was damit rechtlich abgesichert werden solle.
Klaus Herbst zitierte dann den Börsenverein, der das Gesetz als
Ermächtigung zum "Klauen von Büchern und Zeitschriften" bezeichnet habe.
Prof. Götze, so hieß es überleitend, bediene sich nicht dieser
Terminologie. Aber er habe eine bestimmte Befürchtung: daß nämlich
eine unkontrollierte Verbreitung sehr leicht möglich ist.
"Es ist zwar nach dem neuen Gesetz vorgeschrieben, daß es nur in einem
Intranet verfügbar gemacht werden kann oder darf, aber die Universitäten
sind ja, besonders die Universitätsbibliotheken, über universitäre Netze
untereinander verbunden und stellen ein in sich abgeschlossenes -
theoretisch gesehen - Intranet dar."
Da staunt der Laie, und der Fachmann wundert sich.
Klaus Herbst gab noch weitere Einblicke in die "interne Textkritik" mit
"umfangreicher Mängelliste", die man bei Springer einer Pressemitteilung
der Bibliotheken angedeihen ließ, und sagte, die Verleger befürchteten,
vor allem wertvolle und hochspezialisierte wissenschaftliche Zsn., die
Zeitschriften, die sich schon heute nur wenige Bibliotheken leisten
können, drohten in Zukunft noch kleinere Auflagen zu bekommen. Götze
entwickelte nochmals das Szenario einer Absprache unter den Unis,
wodurch künftig mit nur noch wenigen Originalexemplaren die Versorgung
aller Hochschulen über deren Intranets möglich sein könnte, wenn die
geplante Gesetzesänderung Wirklichkeit werde.
Anschließend hatte Dr. Harald Müller Gelegenheit zu einer Klarstellung
der Behauptungen des Börsenvereins und der Verleger. Es sei keineswegs
geplant, irgendwelche gedruckten aktuellen Zeitschriften zu
digitalisieren und ins Netz zu stellen: dieses gehe nur über
Lizenzverträge. Unterdessen seien sehr viele Zeitschriften bereits in
elektronischer Form zugänglich. Die seien *alle* ausschließlich über
Lizenzverträge zugreifbar, und die Bibliotheken zahlten hierfür auch.
[Nebenbei bemerkt gilt dies für das gesamte Angebot von SpringerLink.]
Abschließend ging Müller noch ein auf die Beschränkungen, unter denen
ein Zugänglichmachen in Intranets durch den Gesetzgeber überhaupt
wohl nur für zulässig erklärt werde (womit er auf die im
Kompromissvorschlag der Koalition vorgesehenen Einschränkungen
anspielte). Ich denke, die insgesamt ausgewogene Sendung hat einiges zur
Aufklärung beigetragen.
--
Bernd-Christoph Kaemper, Dipl.-Physiker, Bibl.-Rat
Fachreferent für Physik und Koordination elektronischer Ressourcen
Universitätsbibliothek Stuttgart, Postfach 104941, 70043 Stuttgart
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