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(korr.) 2 Stellungnahmen der Abg. Dr. Krings (CDU) und Tauss (SPD) zur Urheberrechtsnovelle



[Fehlende URL und einen Absatz ergänzt. B.C.K.]

Dr. Günter Krings MdB (CDU) ist rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU
Bundestagfraktion und einer von vier Berichterstattern des federführend
beratenden Rechtsausschusses, Jörg Tauss (SPD) ist bildungs-,
forschungs- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
und Berichterstatter im mitberatenden Ausschuss für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung und im Ausschuss für Kultur und Medien. 

Die Pressemitteilungen sind online auf den jeweiligen Homepages der 
Abgeordneten zugänglich. Ich erlaube mir, beide Pressemitteilungen kurz 
zu kommentieren.

Dr. Günter Krings MDB (Pressemitt. vom 21.3.2003)
Urheberrecht muss klare Grenzen ziehen.
Urheberrechtsnovelle gefährdet Vermarktung geistigen Eigentums
http://www.guenter-krings.de/presse/show.php?id=97

Der Regierungsentwurf verfehle das Ziel der EU-Richtlinie, den Schutz 
der Urheber und der Verwerter von Urheberrechten zu stärken und 
gefährde die Existenz kleiner und mittelständischer Verlage, womit
letztlich auch die Vielfalt von Wissenschaft und Kultur bedroht sei. 
Die Argumentation bleibt sehr nebulös und zahm, weil Dr. Krings zwar 
die Anliegen der Verleger teilt, aber offenbar die am Wortlaut des
Entwurfs völlig vorbeigehenden Behauptungen und Katastrophenszenarien 
aus der Kampagne gegen 52a so nicht übernehmen mag. Folglich ist von
Bibliotheken als Adressaten gar nicht mehr die Rede. Das einzige 
konkrete Beispiel, wonach "Schulen Materialien für den Unterricht 
zeitlich unbegrenzt Schülern und Studenten [?] auf einem Server zur
Verfügung stellen könnten", verschweigt die in der Formulierungshilfe 
als Kompromiss bereits vorgesehene Bereichsausnahme für
Unterrichtsmaterialien. (Außerdem ist ein zeitlich unbegrenztes
Bereitstellen sicher allgemein nicht durch den jeweiligen Zweck geboten,
zumindest nicht für den Unterricht.)

Krings fordert nach wie vor die vollständige Streichung von § 52 a. 
Das schwache Argument ist, diese Beschränkung sei "vollkommen neu" 
[kein Wunder, ist ja auch das eingeführte exklusive Recht der 
öffentlichen Zugänglichmachung neu] und sie werde von der EU-Richtlinie
keineswegs gefordert. Das ist zweifellos richtig, aber eine
Binsenweisheit, da fast alle Schrankenbestimmungen der Richtlinie
lediglich fakultativ sind und es den Mitgliedsstaaten überlassen bleibt,
welche sie davon umsetzen (der Katalog möglicher Schranken wird dort
hingegen erschöpfend beschrieben). 


Jörg Tauss MdB (Pressemitt. vom 3.4.2003)
Für ein modernes Urheberrecht - Kampagnen dürfen die Kompromisssuche 
nicht verdrängen
http://www.tauss.de/service/presse/fuereinmodernesurheberrecht

Tauss nimmt Stellung zur "Desinformationskampagne einiger Verlage" und
Verbandsvertreter. Er spricht von einer "bemerkenswerten
Wahrnehmungslücke", die alle politischen Bemühungen (und Erfolge) in
Richtung eines für alle Seiten tragfähigen Kompromisses standhaft
ignoriere. Die nun gefundene Regelung sei nicht nur ein ausgewogener,
sondern vor allem ein unverzichtbarer Kompromiss hinsichtlich eines
modernen, an die digitalen Randbedingungen besser angepassten
Urheberrechts. Die populären Verschwörungstheorien - etwa in Form
unterstellter Geheimabsprachen der Universitäten oder Schulen mit 
dem einzigen Ziel, den § 52a zur Kostenreduzierung zu missbrauchen,
entbehrten jeglicher Grundlage und seien durchaus befremdlich. 

Tauss schreibt (zutreffend), der Bereich der Bibliotheken werde in 
§ 52 a noch überhaupt nicht geregelt. Zwar enthalte die EU Richtlinie, 
die mit der Novelle umgesetzt werden solle, eine entsprechende
Regelungsmöglichkeit [Zugänglichmachung von Bibliotheksbeständen
ausschließlich an eigens dafür eingerichteten Terminals in den Räumen 
der Bibliothek (zu Zwecken der Forschung und privater Studien), soweit
keine Auflagen aus Kauf oder Lizenz gelten, Anm. BCK], die jedoch erst 
im Herbst in einer zweiten Umsetzungsphase diskutiert werden solle. 
[Das gleiche gilt, wie schon früher zu lesen war, für die 
Durchsetzbarkeit der digitalen Privatkopie.]

An die Verbände aus der Kampagne zu § 52a apelliert Tauss, sich 
endlich mit dem Koalitionskompromiss auch inhaltlich auseinander zu 
setzen und die Kampagnenstrategie zu beenden, bei der Sachorientierung 
und Substanz umgekehrt proportional zu den Anzeigenkosten seien.

Weitere "Informationen zum § 52a Urhebergesetzentwurf", den 
Hintergründen seiner Entstehung und den im Gesetzgebungsverfahren
vorgenommenen Einschränkungen des ursprünglichen Entwurfs, nebst einer 
gründliche Auseinandersetzung mit den Argumenten der Kritiker bietet 
eine 5-seitige Stellungnahme von Jörg Tauss auf derselben Seite unter
http://www.tauss.de/sys_files/1030028087.54/Tauss-52a-Info.pdf , die 
ich Ihrer Lektüre (und Weiterverbreitung!) nachdrücklich empfehlen 
möchte. 

Tauss schreibt abschließend, daß die Koalition für die bisher schon an 
die Verleger gemachten Zugeständnisse wiederholt von den Hochschul- und
Wissenschaftsverbänden scharf kritisiert worden sei, insbesondere die
Bibliotheksverbände hätten ihre Nichtberücksichtigung und die
Einschränkung des Regierungsentwurfs scharf gerügt. Aus bildungs- und
forschungspolitischer Sicht sei daher der Spielraum für ein 
Entgegenkommen völlig erschöpft. Lt. Tauss erhebt die Opposition
überwiegend keine grundlegenden Bedenken mehr gegen den § 52 a und 
fordert lediglich eine intensive Beobachtung der Auswirkungen auf den
Verlagsbereich und anschließende Evaluierung in Verbindung mit einer
zeitlichen Befristung der jetzigen Regelung auf zunächst 1 Jahr. 

Mit freundlichen Grüßen,
Bernd-Christoph Kämper, Stuttgart

-- 
Bernd-Christoph Kaemper, Dipl.-Physiker, Bibl.-Rat
Fachreferent für Physik und Koordination elektronischer Ressourcen
Universitätsbibliothek Stuttgart, Postfach 104941, 70043 Stuttgart
Tel +49 711 685-4780, Fax +49 711 685-3502, kaemper _at__ ub.uni-stuttgart.de


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